Bochum..

Häusliche Gewalt zieht sich durch alle sozialen Schichten. Schlägt der Ehemann oder Partner zu, gilt es heute nicht mehr als „Kavaliersdelikt“: „Die gesellschaftliche Wahrnehmung hat sich geändert. Auch die Polizei ist sensibilisierter“, sagt Ulrike Langer, die seit zweieinhalb Jahren das Bochumer Frauenhaus leitet, das heute 30 Jahre besteht. Anlässlich dieses Geburtstags wollen Vertreter des Trägers, Mitarbeiterinnen und Gäste im Haus der Begegnung auf das Erreichte zurückblicken.

Früher, das heißt Mitte der 70er Jahre, als in Berlin und Köln die bundesweit ersten Frauenhäuser eröffnet wurden, fügten sich noch viele misshandelte Frauen in ihr „Schicksal“. Das, so versichern Ulrike Langer und Annette Borgstedt, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit bei der Caritas, ist heute anders. „Frauen sind mutiger geworden, ihre Rechte einzufordern und die Trennung zu wagen. Die Situation hat sich durch das Gewaltschutzgesetz (der gewalttätige Partner muss die gemeinsame Wohnung verlassen) verbessert.“

Dennoch sei die Zahl der Opfer unverändert hoch. 2010 fanden 109 Frauen mit 103 Kindern Zuflucht im hiesigen Frauenhaus. Was sich geändert hat: Anfangs suchten ältere Frauen dort Hilfe, heute sind die Bewohnerinnen überwiegend zwischen 18 und 40 Jahre alt.

Das Bochumer Frauenhaus wurde 1981 vom SkF gegründet und 1984 von der Caritas übernommen. „30 Jahre am gleichen Standort, das ist schon riskant“, so Ulrike Langer. Denn immer wieder kommt es vor, dass „verlassene“ Männer die Adresse ausfindig machten und vor dem Haus randalierten. Zwei Fälle gab’s, da wurden Frauen nach ihrem Frauenhaus-Auszug getötet, eine davon wurde Opfer eines Ehrenmordes, so Langer. Die Zahl der deutschstämmigen Frauen hält sich mit der anderer Herkunft die Waage. Was indes zunimmt, sei der Anteil ausländischer Frauen und Mädchen, die von ihren Familien misshandelt und mit Zwangsheirat bedroht werden. Die stecken viel enger im Familienverband und müssen alle Kontakte kappen. „Wir haben Bewohnerinnen dabei, die richtig Angst haben“, sagt Ulrike Langer. Dann muss das Sicherheitsrisiko eingeschätzt werden: „Oft sind diese Frauen in einer anderen Stadt geschützter.“

Insgesamt gewinne die psychosoziale Betreuung der Frauen an Bedeutung. „Einige flüchten Hals über Kopf, können ihren künftigen Alltag nicht allein bewältigen“, sagt Annette Borgstedt. Ein Drittel der geschlagenen Frauen bezieht später eine eigene Wohnung, ein Drittel aber kehrt zum Partner zurück, und nicht wenige Frauen suchen dann mehrfach Hilfe im Frauenhaus. „Die geraten in eine Spirale aus Hoffnung und Verzweiflung“, sagt Annette Borgstedt.

Das Bochumer Frauenhaus verfügt über 14 Plätze für Frauen und 15 für Kinder. Aktuell wohnen dort neun Frauen mit vier Kindern.

Die wenigsten verlassen übrigens den Partner nach dem ersten Schlag. Langer: „Der gilt als Ausrutscher, außerdem hat er sich ja entschuldigt.“