Bochum. .

Zum Start am Samstagmorgen war es ein Rinnsal, der ganz verhalten zum Besucherstrom anschwoll im Gesundheitszentrum an der Bergstraße.

Es war Tag der Architektur, und so wurden wieder Objekte für Besucher geöffnet, die für planerische Fantasie, Ästhetik und Funktionalität stehen. Wie das 2010 fertig gestellte Gesundheitszentrum am Augusta-Krankenhaus. Ohne Begleitung der Architekten indes würde Besuchern die Finesse des Bauwerks entgehen. Volker Brachvogel vom Büro RDS aus Hattingen: „Die Strahlentherapiepraxis im Untergeschoss etwa machte einerseits dicke Decken, andererseits hohe Etagen erforderlich.“

Die Folge sind tiefe Rund-Einblicke im Treppenhaus. Architektonisch korrespondiert der Bau mit dem Krankenhaus. Die 100 Meter lange Fassade hat durch ihre Gliederung und Rücksprünge ihre Wuchtigkeit verloren. Das Dialysezentrum (65 Plätze) veranstaltete am Sonntag zudem einen „Tag der offenen Tür“.

Zwischennutzungskultur für öffentliche Flächen

Der achte, quasi Off-Architektenkammer-Beitrag veränderte den Blick und Gang durch den Tunnel an der Hermannshöhe. Weder zweckdienlich noch energetisch, weder strukturiert noch baukünstlerisch, dafür aber witzig, bedeutungsschwer, ideenreich haben 15 Künstler zwölf “Wohnräume“ geschaffen.

Der Verein Stadtverwalter mit Architekten, Soziologen, Geografen und Künstlern, geboren aus dem 2010er-Projekt T.A.I.B., hat sich zur Aufgabe gemacht, eine Zwischennutzungskultur für öffentliche Flächen zu schaffen. Geografin Nicola Henning: „Wir wollen zeigen, dass jeder selbst Beiträge leisten kann, statt sich mit dem Status Quo abzufinden.“ So wurde der Fußgängertunnel – eine Graffiti-Fläche – komplett weiß übermalt, als Ausgangspunkt für künstlerische Neugestaltung.

Ein Raum zum Chillen

Ein Bett im Heu, Naturgeräusche aus dem Kopfhörer: Oliver Rudnick und Sara Hasenbrink schufen einen Raum zum Chillen in „Beinahe gleich nackt“. Das Wohnzimmer „als Keimzelle der Aufklärung“ entwickelte Peter Kaufung: „Ich habe eine humanistische Phase“. Bilder von Goethe, Huldigungen an Voltaire und Friedrich II. umgeben eine Frau mit Buch im Rokoko-Stil; Botschaft: mehr lesen!

Leichter die Arbeit von Carsten Hensing, der im Tunnel einen Garten bepflanzte: „Es begann mit den Vogelhäuschen aus Stahl, dann folgten Rollrasen, ein blühender Busch und Gartenstühle – eine echte Idylle im tristen Tunnel.“

"Geometrie des Verlangens"

Ralf Papenheim und Spiridon Kapravelos gehören zu den ganz Flotten: „Wir haben uns kurzfristig entschlossen, mitzumachen.“ So schufen sie binnen vier Tagen ein großformatiges Bild im Trompe-l’œil-Stil – ein illusionistisches Gemälde, das mittels geschickter perspektivischer Darstellung eine nicht vorhandene Räumlichkeit vortäuscht, hier: ein Blick vom Kerkwege auf den Konrad-Adenauer-Platz.Es ist Teil einer Bilderserie, die das Duo demnächst schaffen will.

Auch Jörg Abel fordert vom Betrachter genaues Hinsehen. Seine Bilder – „ich nenne sie Kaleidoskopien“ – wirken von weitem wie Tapetenmuster. Dann aber entdeckt man Zusammenhänge, wie das Geäst eines Baumes, den Gürtel eines Bademantels, einen Bauchnabel. „Geometrie des Verlangens“, so nennt der Künstler seine übergreifenden Zusammenhänge.

Die aufgemalten Arbeiten bleiben im Tunnel, freigegeben für die Graffiti-Sprayer, die sie als Vorlage nutzen oder auch zerstören können.