Bochum.

„Die 14“, grinst mein Sitznachbar und wischt sich den Bierschaum aus dem Bart, „die 14 is echt ne Hübsche.“ Welcome to Bochum (so heißt es überall in großen Lettern), wo der Frauenfußball zumindest Teile der Männerwelt entzückt. So auch am Donnerstagabend beim Vorrundenspiel Frankreich gegen Kanada.

Mit 16.591 Besuchern ist das Stadion an der Castroper Straße gut gefüllt. Unser Schmuckkästchen hat sich herausgeputzt. Das satte Grün des neuen Rollrasens spielt prächtig Doppelpass mit dem allgegenwärtigen Fifa-WM-Orange. Auffällig: die hohe Familien-Quote. Ansteckend: die friedlich-fröhliche Stimmung. Ambitioniert: die vielen in Knallrot gekleideten Volonteers, deren Hilfe aber trotz des Bochumer WM-Rekordbesuchs wenig bis gar nicht gefragt ist.

Weltstadt für ein paar Tage

Heiß begehrt ist die „Grilled Sausage“ (heißt: Bratwurst). International ist auch das aufgestockte Imbiss-Angebot: Es gibt Pizza und Döner. Über einem kleinen Fundbüro prangt „Lost & Found“. Bochum ist international. „Weltstadt – wen auch nur für’n paar Tage!“, lacht der Sitznachbar.

Die über 200 Medienvertreter sollen die „Host City“ in aller Welt rühmen. Ihre Verpflegung ist wenig rühmlich. 20 Minuten vor Anpfiff gibt’s nichts mehr zu essen. Mangels Gläsern muss aus der Pulle getrunken werden.

Punkt 18 Uhr. Das Spiel beginnt. Gewöhnungsbedürftig: Der seitliche Einmarsch. Und: Die komplette Begegnung wird auf beiden Leinwänden übertragen. Alsbald branden die ersten La-Ola-Wellen auf. Die Atmosphäre ist großartig, einer Weltmeisterschaft würdig. Dafür sorgen insbesondere die vielen Franzosen und erstaunlich zahlreichen Kanadier, die am Vorabend ihres Nationalfeiertages eine 0:4-Klatsche hinnehmen müssen.

Goosen über den Frauenfußball

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    WM-Begeisterung im Bermuda-Dreieck hält sich in Grenzen

    Der Sitznachbar hat sich schon vor dem Schlusspfiff auf den Heimweg gemacht. „Die 14“, sagte er zum Abschied, „da kannze nich meckern.“ Zum Glück erkennen die meisten anderen Besucher (darunter manche wohl bekannten VfL-Gesichter) die wahren fußballerischen Werte. Auch wenn nicht jeder Spielzug gelingt (Grüße an den VfL): Der unbändige Einsatz lässt niemanden im Stadion seinen Besuch trotz der happigen Preise bereuen.

    In Grenzen hält sich die WM-Begeisterung derweil im Bermuda-Dreieck. Seit Sonntag präsentieren BO-Marketing und 14 Gastronomen eine Fanmeile mit täglichem Kulturprogramm. War die Party-Zone zum Eröffnungsspiel der deutschen Nationalmannschaft gut gefüllt, haben sich die Reihen in den vergangenen Tagen gelichtet. Beispiel: Mittwochabend. Obwohl mit Brasilien einer der Mitfavoriten kickte, waren in den Bars nur wenige Plätze vor den Bildschirmen und Leinwänden besetzt. Auch der Diskussion über „Fußball und Medien“ auf der KAP-Bühne mochten trotz des spannenden Podiums (u.a. Frank Goosen und WAZ-Sportchef Dirk Graalmann) nur knapp 100 Zuhörer lauschen. Erst zum Deutschland-Spiel herrschte im Dreieck wieder mehr Trubel.

    Während das Programm auf der Meile am Freitag u.a. mit „Sportrock & The Chicks“ fortgesetzt wird, entbietet die Sternwarte einen besonderen WM-Gruß. Ab 22.30 Uhr werden Satellitenbilder auf das Radom projiziert. So wird die illuminierte Sternwarte bis zum Finale am 17. Juli zum weithin leuchtenden Erd-Ball.