Bochum.

Der Bochumer Schauspieler, Regisseur und Kioskwanderer Giampiero PIria hat einen ureigenen Blick aufs Theater: „Schauspielerei ist Bewegung in Räumen“, definiert er seinen Ansatz. Und: „Theater muss runter von der Bühne, alles geschieht auf der Straße.“

Das Gesicht mit Asche geschwärzt, scheinbar dem Wahnsinn nahe, wütet Piria durch die Reihen der Zuschauer. Als er auch noch einem Gast seine Zigarre entwendet, droht die Situation zu eskalieren. Wenn Giampiero Piria seinen Francois-Villon -Abend präsentiert, ist keiner der Anwesenden sicher, wird Teil des Spiels. Und genau diese Spielart ist es, die den Bochumer Schauspieler, Regisseur und Kioskwanderer fasziniert. „Schauspielerei ist Bewegung in Räumen“, definiert er seinen Ansatz. Und: „Theater muss runter von der Bühne, alles geschieht auf der Straße.“

Teil der Inszenierung

Die konsequente Umsetzung dieses Credos fasziniert. Tunnel, Brücken und Nischen erfüllt Piria mit Leben, erschließt neue Blickwinkel auf urbane Räume und sucht in ihnen nach Identität, Heimat und Herkunft. Um diese Suche zum Erfolg zu führen, gründet er 2010 mit einer Handvoll Mitstreitern den Stadtverwalter e.V.. Einen Verein zur kulturellen Zwischennutzung von leer stehenden Gebäuden sowie häufig unbeachteter Außenflächen. Für dieses Jahr sind einige Aktionen geplant und es steht jetzt schon fest, dass die Umsetzung so manchen Passanten überraschen, und ihn, freiwillig oder auch nicht, zu einem Teil der Inszenierung machen wird.

Stadt als soziale Skulptur

Bereits etabliert sind Pirias Kiosktouren. Was zunächst nach Stadtrundgang mit Ruhrgebietscouleur klingt, ist integraler Bestandteil seiner kulturellen Auffassung, die Stadt als soziale Skulptur zu begreifen. Die Idee wurzelt auf seinen regelmäßigen Spaziergängen, wobei er Spazieren stets in der ursprünglichen Bedeutung, des Sich-Räume-schaffens sieht. Für den Künstler liegt der besondere Reiz der Trinkhallen in ihrer Authentizität sowie ihrer anarchischen Ästhetik, die scheinbar keiner Ordnung folgt. Gleichzeitig würdigt er die Funktion des Kiosks als klassenlosen und Generationen übergreifenden Dreh- und Angelpunkt sozialen Lebens. Nach einer Reihe gut gebuchter Wanderungen durch Gelsenkirchen, Unna und Wattenscheid, wird es 2011 auch durch Bochum erlebnisreiche Touren geben. Was im Kulturhauptstadtjahr begann, mausert sich so zum nachhaltigen Projekt.

Ein Lächeln auf den Lippen

Doch auch trotz des umfassenden Sich-Räume-Erschließens bleibt noch Raum für klassische Bühnenprojekte. Nach seinem Regiedebüt „Wat’n Glück, dat ich keine Arbeit kenn“, einer Hommage an den Schauspieler und Theatergründer Thomas Koppelberg, präsentiert Giampiero Piria im Mai in der Rotunde Edgar Allan Poe. Zu sehen gibt es dann eine einstündige One-Man-Show mit Musik.

Vermutlich wird Piria, der sich seit seinem zwölften Lebensjahr mit Kunst und Kultur beschäftigt, nie ein Künstler für die breite Masse werden. Doch mit der Liebe zu den Menschen und seiner Stadt, seinem hintergründigen Humor und frischen Ideen, wird er ganz bestimmt immer wieder Liebhabern des Besonderen ein Lächeln auf die Lippen zaubern.