Bochum. Eine brennende Torte ist kein Aufruf zur Gewalt. Das entschied am Donnerstag Amtsrichter Dr. Axel Deutscher im Prozess gegen den Betreiber (58) des linksalternativen Internetmagazins „bo-alternativ.de”, Martin Budich. Folglich wurde er freigesprochen.
Eine brennende Torte ist kein Aufruf zur Gewalt. Das entschied am Donnerstag Amtsrichter Dr. Axel Deutscher im Prozess gegen den Betreiber (58) des linksalternativen Internetmagazins „bo-alternativ.de”, Martin Budich. Folglich wurde er freigesprochen.
Er war angeklagt, auf seiner Website mit illegalen Mitteln gegen einen NPD-Aufmarsch protestiert zu haben. Die NPD war am 25. Oktober 2008 unter dem Motto „Gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität” durch Bochum gezogen. Das wollte Budich im Vorfeld verhindern. Er stellte eine Comicfigur ins Netz, die eine Torte hochhielt, auf der etwas brannte. Der Text dazu: „Kein Zuckerschlecken für Nazis, NPD-Aufmarsch verhindern!” Eine Staatsanwältin interpretierte das brennende Teil auf der Torte aber als Lunte - und sah in der Torte eine Bombe versteckt. Schließlich handelte es sich um „Bomberman”, eine Spielfigur, die in Internetspielen auch schon mal mit Bombe und Lunte unterwegs ist. Und Budich war vorbelastet: 2005 war er zu 1500 € Geldstrafe (30 Tagessätze) verurteilt worden, weil er ebenfalls zur Verhinderung eines Nazi-Marsches ein Plakat veröffentlicht hatte, das eine Comicfigur mit einer gespannten Zwille in der Hand zeigte. Budich war gegen das Urteil bis in die Revision vors Oberlandesgericht Hamm gegangen. Vergeblich. Das Bochumer Landgericht hatte damals geurteilt, Budich habe es billigend in Kauf genommen, dass andere das Zwille-Bild ernst nehmen und es zu Ausschreitungen kommen könnten. Trotz ehrenwerter Motive müsse er aufpassen, nicht die Gesetze zu verletzen.
"In keinster Weise" an Gewalt gedacht
Budich betonte jetzt aber im Prozess, dass er mit der Torte „in keinster Weise” Gewalt im Sinn gehabt habe. „Bomberman” sei ihm gar nicht bekannt gewesen. Vielmehr habe er die Figur mit der Torte bereits fertig aus anderen Medien übernommen. Niemand in seinem großen Bekanntenkreis habe dies als Gewaltaufruf verstanden. Die Torte sei für ihn lediglich „ein Mittel der politischen Auseinandersetzung”, „eine Technik, um Leute lächerlich zu machen”.
"Sie wollen der Märtyrer sein"
Die Staatsanwaltschaft habe auch „ganz genau gewusst”, dass er mit der Figur nicht zu Gewalt habe aufrufen wollen, sagte Budich. Er sei „fest überzeugt, dass die Anklage wider besseres Wissen” erhoben worden sei. Für den Richter klangen diese Vorwürfe aber so, als fühle er sich einseitig verfolgt, zumal er vorher auch noch u.a. der Polizei massive Vorwürfe gemacht hatte. „Sie wollen der Märtyrer sein”, sagte Dr. Deutscher.
Trotzdem hielt der Richter die Anklage für juristisch haltlos. Die brennende Torte, sagte er, sei zwar „keine Einladung, die Nazis zu Kaffee und Kuchen" zu bitten. Allerdings sei sie auch „eindeutig nicht ausreichend”, um den Straftatbestand des Gewaltaufrufs zu erfüllen. Sie habe zwar beabsichtigt, „lautstark und offensiv” gegen die NPD zu demonstrieren, nicht aber „aggressiv”.
Auch Staatsanwaltschaft wollte Freispruch
Auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte Freispruch beantragt. Das warf die Frage auf, warum überhaupt Anklage erhoben worden ist, denn wichtige neue Erkenntnisse gab es in der Hauptverhandlung nicht. Trotz des Freispruch-Antrags hat die Staatsanwaltschaft aber noch kein Rechtsmittelverzicht erklärt. Die Kosten nach einem Freispruch übernimmt komplett die Landeskasse.
Nach Aufrufen mehrerer Gruppierungen zum Protest gegen den NPD-Aufmarsch hatten damals mehrere tausend Menschen in der Innenstadt gegen Rechtsextremismus demonstriert - ohne Gewalt.