Wenn aus ehemaligen Kirchenhäusern Nachtclubs, Archivgebäude oder Wohnstätten werden, ist das oft mit Trauer verbunden. Ein neu erschienenes Buch erzählt vom Wandel und den Geschichten dahinter.
Eine Gaststätte an der Stelle, wo früher ein Gotteshaus stand. Streetdancer, wo früher ein Weihwasserbecken stand. Ein Wohnhaus im ehemaligen Kirchenschiff.
Mit der Umnutzung ehemaliger Gotteshäuser hat sich Dr. Katrin Bauer im Rahmen eines zweijährigen Forschungsprojektes der Volkskundlichen Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) auseinandergesetzt. Präsentiert werden die Forschungsergebjnisse in einem 47-minütigen Dokumentarfilm und in einem Buch. Beide tragen den Titel „Gotteshäuser zu verkaufen“.
Der Film zeigt zum Teil emotionsgeladene Bilder, viele Gemeinden sehen in erster Linie den Verlust als die Chance auf einen Neuanfang. “Der Gemeinde wird die Wurzel entrissen“, so lautet der Vorwurf.
Chance größer als Trauer
Propst Michael Ludwig von der St. Peter und Paul-Gemeinde bestätigt, dass jede Form der Umnutzung erstmal negativ gesehen wird. Er sieht den Wandel aber positiv: „Die Chance ist größer als das Trauern über die Vergangenheit.“
Beispiele für neue Nutzungen ehemaliger Kirchen gibt es viele, den Bochumern dürfte die Nutzung der Marienkirche durch das Urbanatix-Projekt allgegenwärtig sein. Aber auch die Christ König Kirche am Steinring vollzog eine Wandlung, zur Kulturhauptstadt entstand die Idee zu „Kunst in Christ König“ (K.I.C.K.), eine Veranstaltung, die im Jahr 2010 rund 11 000 Besucher anzog.
Kirche als Wohnhaus
In Katrin Bauers Dokumentarfilm wird auch das Beispiel von einer Familie aufgezeigt, die eine ehemalige Kirche als Wohnhaus nutzt. In Langenberg-Benteler wird eine evangelische Kirche nun privat genutzt. Die neuen Bewohner sprechen vom Wohnen im „fantastisch gebauten Gebäude“ statt vom Verlust des Gebetshauses.
Der Protest gegen die Umwandlung betrifft laut Autorin Katrin Bauer vor allem Kirchen aus der Nachkriegszeit. Hier gibt es oft noch Gemeindemitglieder, deren Biografie vom Gebäude geprägt ist. In Bochum ist beispielsweise die Gruppe „Rettet Bochumer Kirchen e. V.“ aktiv.
Ort des Friedens und der Zusammenkunft
Ob Nachtclub oder Archivgebäude, die besondere Beziehung zum Ort bleibt auch nach der Profanierung. Als Ort des Friedens und der Zusammenkunft dienen die Gebäude oft auch nach der Entweihung, wie ein Musiker im Dokumentarfilm erklärt. Statt der heiligen Messe ist jetzt ein Tanzprojekt oder eine Ausstellung der Grund für eine Zusammenkunft.
Die verschiedenen Eindrücke der neu genutzten Gotteshäuser finden sich auch ein einer Ausstellung wieder, welche ab dem 17. März in der Christ König Kirche zu sehen ist. Der Fotograf Stephan Sagurna hat eindrucksvoll die ehemaligen Kirchen und jetzigen Synagogen, städtischen Tafeln oder Privathäuser ins Bild gesetzt.