Bochum. . Dr. Andreas Freislederer (53) obduziert fast jeden Tag Leichen aus Bochum. Er arbeitet am Institut für Rechtsmedizin in Essen. „Ich könnte mir vorstellen, dass gerade bei älteren Leuten der Tod ein bisschen vorverlegt wurde“, sagte er.
Erinnern Sie sich an einen sehr prägnanten Fall aus Bochum?
Dr. Andreas Freislederer: Es gab ein Ehepaar mit einer alkoholkranken Frau. Der Mann findet sie leblos in der Wohnung und holt einen Notarzt, der nur noch den Tod feststellen kann. Er schildert dem Notarzt, die Frau hätte sich nun wohl totgesoffen. Bei der Obduktion findet sich schon bei der äußeren Besichtigung ein auffälliger Schuhabdruck an der Stirn. Todesursache ist ein Schädelbruch mit Hirnblutung. Der Mann wurde verurteilt, nachdem er gestanden hat, seine Frau gegen den Kopf getreten zu haben.
Gibt es den perfekten Mord?
Freislederer: Durch die immer perfekter werdenden Methoden in der Toxikologie und der Molekulargenetik (DNA) wird ein so genannter perfekter Mord immer unwahrscheinlicher. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich seltene Fälle, in denen eine mögliche Fremdeinwirkung unentdeckt bleibt.
Sie öffnen auch oft Verkehrstote.
Freislederer: Ein Fallbeispiel: Ein älterer Herr betrifft die Fahrbahn und wird von einem Autofahrer tödlich verletzt. Wichtig ist jetzt die Feststellung, von welcher Seite er angefahren wurde. Der Autofahrer sagt, dass der Fußgänger aus seiner Sicht unvermittelt von rechts die Straße betreten hat und er somit aufgrund der sehr kurzen Bemerkbarkeit des Falles nicht rechtzeitig anhalten konnte. Ein Zeuge sagt aber, das Opfer sei von der anderen Seite gekommen. In diesem Fall hätte der Autofahrer eine wesentlich längere Beobachtungs- und Reaktionszeit gehabt. Durch spezielle Obduktionstechniken lassen sich nun Befunde sowohl an den angestoßenen Weichteilen der unteren Extremitäten als auch an den Knochen feststellen, die die Gehrichtung beim Aufprall belegen können.