Bochum.

Mit einer überzeugenden Leistung begeistern die Bochumer Symphoniker Ihr Publikum im Audimax. Auf dem Programm standen Werke von Wagner und Offenbach. Zum Schluss gab’s zehn Minuten Applaus!

Wagner-Musik in Bochum, das kommt nicht allzu oft vor. Vor reichlich sechs (?) Jahren gab’s mal eine „Tristan“-Aufführung im Audimax. Nun ist der schöne Fall da, dass im Rahmen der Reihe „Die Wunde Wagner“ der Bochumer Symphoniker beinahe täglich Kompositionen des Meisters aufgeführt werden; ein kleiner Bochumer Wagner-Rausch sozusagen. Zu erleben zum Beispiel beim 6. Symphoniekonzert „Karikatur und Parodie“ mit Auszügen aus „Das Rheingold“ und „Siegfried“.

Wogendes Klanggewebe

Im gut gefüllten Audimax dimmte das Licht herunter, und dann ging die Rheinfahrt auch schon los: unwiderstehlich, düster und verlockend zugleich, stieg das berühmte Es-Dur-Vorspiel aus dem Orchester auf, ein über 136 Takte wogendes Klanggewebe mit eruptivem Ende, dem seligen „Wallala, weiala weia!“ der Rheintöchter Woglinde (Katharina Müller), Wellgunde (Corinne Romijn) und Floßhilde (Bea Robein). Dirigent Steven Sloane modellierte das immer wieder betörende Vorabend-Vorspiel wie atemlos. Für einen kurzen Moment wurden Musik und Stimmen eins – so soll es optimalerweise sein, Wagnerklang ist Gesang ist Musik ist Gesang.

Gefragter Sänger

Mit Andrew Shore gesellte sich alsbald ein auch stimmlich garstiger Alberich zu den Nixen, der mit roher Gier („Wo bist du Rauer denn heim/dass vom Rheingold nie du gehört?“) die neckischen Wasserspiele alsbald unterband. Shore verfügt über einen trockenen, weit greifenden Bariton. Obwohl es eine konzertante Aufführung war, warf er sich geradezu physisch in seine Rolle – man sah und hörte, warum er (nicht nur in Bayreuth) aktuell einer der gefragtesten Sänger ist. Schließlich, als der Nibelung das Gold geraubt und die Rheintöchter unter „Weh Weh!“-Klagen entschwunden sind – da also klagten die Hörnerquinten so zaghaft-fern, als wäre alles ein Traum nur gewesen, wenn auch keiner guter. Sehr anrührend! Vielleicht waren gerade diese allerletzten „Rheingold“-Takte das Beste, was man seit längerem an reiner Musik in Bochum gehört hat.

Präzise Nervosität

Die BoSy spielten überhaupt in großer Form, die weiteren Solisten (Jürgen Müller als Siegfried, Jeff Martin als Mime) passten sich schön, mal geschmeidig, mal kantig, in die Ensembleleistung ein. Neben dem „Rheingold“ gab es zwei Passagen aus „Siegfried“, die, zumal in den tutti, überrumpelten in ihrer brachialen Intensität. Punktgenau, vielleicht einen Tick zu forciert, kam das ’rüber, aber die präzise Nervosität, die dieser Musik eigen ist, ihr schmeichelnd-aggressiver Duktus wurden perfekt getroffen. Das war überhaupt nicht knochig, sondern einfach nur stark gespielt!

Wuchtig-süße Melodien

„Seinen“ Wagner hatte Steven Sloane - in fast schon surrealistischer Manier - gegen zwei Werke des jüdischen Komponisten Jacques Offenbach geschnitten, „Die Rheinnixen“-Ouvertüre (mit der Leitmelodie „Schöne Nacht, Du Liebesnacht“) sowie „Orpheus in der Unterwelt“ (vulgo: „Can Can“-Musik). Diese heiteren Kompositionen, die längst Pop-Nummern im Klassikkanon sind, wirkten gegen die schweren Monsun-Winde der Wagner-Landschaften wie kleine Frischluft-Tornados. Die BoSy spielten diese beschwingte Musik, die perlt wie Champagner, schwerelos leicht und kosteten Offenbachs wuchtig-süßes Melodientum genüsslich aus. Perfekt, schlafwandlerisch gut.