Bochum.. Die bald 65-jährige Irmela Umbach-Schamell verkauft in ihrem Spielwarenladen Kostüme für jeden Geschmack - auch nach Karneval. An manchen Tagen parken die Kunden in Dreierreihen vor dem Laden. Das Traditionsgeschäft gibt es nun schon seit 60 Jahren.
Der Laden an der Herner Straße hat erst seit einer Stunde geöffnet. Doch während in den meisten anderen Geschäften noch gähnende Leere herrscht, geht es hier längst zu wie im Taubenschlag. „Guten Morgen. Was suchen sie?“ Jeder Kunde wird freundlich begrüßt - viele sogar mit Namen - und nach seinen Wünschen gefragt. Eine Kundin eilt auf die Straße zurück zu ihrem Auto. Sie hat in zweiter Reihe geparkt und fürchtet, ein Knöllchen zu bekommen.
„Das ist ganz normal“, sagt Irmela Umbach-Schamell, „am Samstag musste sogar die Polizei den Verkehr regeln, weil sie hier in Dreierreihen geparkt haben.“ Ganz normaler Ausnahmezustand also im ältesten Spielwarenladen Bochums, der am 1. März sein 60-jähriges Bestehen feierte.
Gibt’s nicht, gibt’s nicht
Es ist Karnevalszeit, und wer hier nicht fündig wird, ist selber schuld. Von der Avatar-Maske, über Star Wars-Anzüge für Babys, bis hin zum Brusthaartoupet – es gibt nichts, was es nicht gibt. „Sie können als Lady Gaga oder Horst Schlämmer gehen, wir haben aber auch Amy Winehouse da“, sagt Irmela Umbach-Schamell wie aus der Pistole geschossen. Die 64-Jährige liegt mit ihrem Sortiment voll im Trend, und sie zählt in kürzester Zeit so viele Kostümierungen auf, dass einem fast schwindlig wird.
Der Spielwarenladen ist ihre große Leidenschaft. Rastlos bedient sie einen Kunden nach dem anderen, hat für jeden ein Lächeln übrig, und kennt alle Artikel auswendig – inklusive Preis, versteht sich. „Ich bin selbst eine verrückte Nudel“, sagt sie, die weder Pausen noch Urlaub kennt. Denn nach Feierabend und sonntags putzt sie alte Puppen wieder heraus.
Kostüme für das ganze Jahr
1951 eröffnete ihr Vater das Geschäft auf der Dorstener Straße. 1967 erfolgte der Umzug auf die Herner Straße und die Karnevalsartikel hielten Einzug ins bunte Sortiment. Die sind nicht nur zur Session, sondern ganzjährig beliebt, zum Beispiel bei Mottopartys oder zu Silvester und Halloween. Bei vielen Spielwaren spüre sie den Konkurrenzdruck der großen Kaufhausketten, sagt Irmela Umbach-Schamell, die den Laden 1980 übernahm und bis heute ohne Computer auskommt. Doch in Sachen Beratung und Service macht ihr so schnell niemand etwas vor.
Unterstützung erhält sie dabei von Susanne Molkenthien, die schon seit über zwölf Jahren hier arbeitet und sich keinen anderen Job mehr vorstellen kann. Warum? „Wegen des Chaos’ hier“, sagt die 42-Jährige und lacht. Hin und wieder hilft auch Ehemann Siegfried Schamell aus, doch ansonsten kümmert sich der 71-Jährige lieber um seinen Schrebergarten.
Bald feiert Irmela Umbach-Schamell ihren 65. Geburtstag. Doch Rente ist für sie ein Fremdwort: „Ich mache weiter.“ Den Jecken aus Bochum und Umgebung dürfte das sehr recht sein.