Lebkuchenhäuschen waren gestern, Architektur-Tapas sind heute. Der Gastprofessor Luis Ridao kam auf die Idee und über 70 Studierende der Architektur an der Hochschule Bochum machten sich an die Arbeit. Statt Modelle aus Holz, Leim und Plastik zu entwerfen und zu basteln, sollten sie - so wollte es der verschmitzte und beliebte Professor - Tapas herstellen, die Bauwerken nachempfunden sein sollten. Und statt der erwarteten und üblichen dreißig Einreichungen auf diese so genannte Stegreifübung (eine Woche Zeit), beteiligten sich nun mehr als doppelt so viele Studierende. Chorizo, Oliven und Pflaumen im Speckmantel sollten die Architektur sinnlich machen.

Und so entstand ein dutzende Meter langes Büffet im Gang der Fakultät. Eine beeindruckende Manifestation architektonisch-kulinarischer Fantasie: Die Oper in Sydney mit geschwungenen Chicoree-Blättern und Pastete, die bayrische Allianz-Arena als „Luftige Teigtasche mit Füllung und Himbeer-Sauce“, die Petronas-Türme in Kuala Lumpur als maurische Spieße gegen die Schwerkraft antretend, der Eiffelturm, abstrakt strukturell nachempfunden mit Sardelle und Zitronenscheibe, die Blätterteigpyramiden oder auch die Zeche Zollverein als Backwerk. „Ich komme aus Spanien und wollte eine Aufgabe stellen, die dem Rechnung trägt“, sagte der Gastprofessor und „Essen wird immer architektonischer“. Die Aufgabe sei es „aus dem Bauch heraus“ kreativ daran zu gehen.

Paprikastücke als typische Säulen

Dem folgte Monika Piputa (24), im 7.Semester studierend. Sie hat sich das Guggenheim Museum in Bilbao auserkoren. Dessen geschwungene Struktur stellte sie mittels liegender Heringe dar. „Das bot sich aus verschieden Gründen an“, führte die Studentin an, „erstens liegt Bilbao am Meer, zweitens haben die Fische eine Hautstruktur, die der Oberfläche des Museumsbaus ähnelt.“ Mittels Paprikastücken würden typische Säulen abgebildet, Kekse verweisen auf Natursteinplatten. Selbst der geschwungene Brückenzugang findet durch eine Zwiebelspalte sein Abbild. Den ebenfalls in die Bewertung einfließenden Geschmacksaspekt bediente sie dadurch, dass sie dazu ein Familienrezept der eigenen Oma verwendete. „Das ist zwar kein Tapasrezept, aber ich habe mich informiert, dass dort auch Heringe gegessen werden“, weiß Piputa.

Der schiefe Mozzarella-Turm von Pisa

Abzuliefern hatten die Studierenden jeweils ein Poster, das das Vorbild und den eigenen Entwurf nebst Rezept zeigt, und eben auch das fertige Produkt. Der iberische Dozent schritt nun die lange Tafel ab, probierte hier und da, brachte dabei kaltlächelnd den kulinarischen Mozzarella-Turm von Pisa zum Einsturz und freute sich über seine Idee. Ganz brutal bierenst ging es wohl nicht zu in der Benotung, aus dieser Stegreif-Übung wurde vielmehr eine Feier der Kreativität und der Lust am Genuss. Lebkuchen wurden nicht gesichtet.