Bochum. . Für Manche kommt der Ruhestand zu früh: Das gilt auch für Dr. Jasper, dienstältester Arbeitsgerichtsdirektor aus NRW. Nachdem er in den Ruhestand entlassen wurde, beginnt der 65-jährige Anfang März eine Ausbildung zum Tischler.

Sein altes Berufsleben endete am Mittwoch um 15 Uhr im Saal der IHK am Ostring. Sein neues Berufsleben beginnt am 10. März um 7.30 Uhr in der Holzwerkstatt der Kreishandwerkerschaft an der Springorum-allee. Aus dem dienstältesten Arbeitsgerichtsdirektor Nordrhein-Westfalens wird der wohl älteste Tischlerlehrling des Landes, sicher der einzige mit Doktortitel. Aus Dr. Jasper wird Azubi Franz-Josef.

Nach 22 Jahren als Chef des Bochumer Arbeitsgerichts wurde Dr. Jasper am Donnerstag im Rahmen eines Neujahrsempfangs in den Räumen der Industrie- und Handelskammer verabschiedet. Der Festakt war hochkarätig besetzt. Zahlreiche geladene Gäste, darunter die Präsidenten der umliegenden Arbeits- und Landgerichte, machten ihre Aufwartung - viele mit einem bewundernden Schmunzeln auf den Lippen: „Ich hab’ gehört, was Sie vorhaben. Großartig.“

Aus dem Hobby wird nun ein Vollzeitjob

„Ich hab’ auch schon das Wort ,verrückt’ vernommen. Egal. Ruhestand kann ich mir nicht vorstellen. Ich fühle mich so fit, dass ich aus meiner Passion jetzt eine Profession mache“, sagt der 65-Jährige.

Sein Großvater war Schreiner. Mit Holz arbeitet er seit Jahrzehnten gerne und regelmäßig. Daheim an der Wiemelhauser Straße hat er eine gut sortierte Werkstatt, in der er an etlichen Feierabenden an Säge und Hobel handwerklichen Ausgleich zu seinem aufreibenden Job als Richter fand. Aus dem Hobby wird nun ein Vollzeitjob: „Ich will’s nochmal wissen.“ Am besagten Märzmorgen tritt Dr. Jasper eine Tischler-Ausbildung an.

"Ich will so behandelt werden wie alle Azubis"

„Zwar läuft er ,on top’ mit. Das heißt: Er nimmt keinem jungen Berufsstarter eine Lehrstelle weg“, betont Johannes Motz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bo-chum. Ansonsten werde der „Holzwurm“ aber ein ganz normaler Azubi. Im ersten Lehrjahr gibt’s 450 Euro. In den ersten Monaten durchläuft er eine überbetriebliche Modul-Ausbildung bei der Kreishandwerkerschaft. Bis zum Sommer soll eine Schreinerei gefunden sein, in der der Oldie Betriebsluft schnuppert. Natürlich muss er die Berufsschule besuchen. Dr. Jasper ist’s recht: „Ich will keine Extrawurst, sondern so behandelt werden wie alle Azubis.“

Jährlich 3500 Verhandlungen hat der joviale Jurist mit seinen Kollegen am Marienplatz bewältigt. In Sachen Arbeitsrecht kann ihm niemand etwas vormachen. So wird er einen Vorteil zu nutzen wissen, der ihm die IHK-Ausbildungsordnung und sein Vorleben beschert: Die dreijährige Lehrzeit wird um ein halbes Jahr verkürzt. Immerhin hat Herr Doktor Abitur.