Bochum..
„Ein ganzer Tag für Bochum, Regierungspräsident besucht Bochum“ – in der städtischen Ankündigung für die Presse schwang satte Genugtuung mit: Der Stadtname tauchte gar zweimal in der Überschrift auf. Zu tief sitzt offenbar immer noch der Stachel, mit dem Ex-Regierungspräsident Helmut Diegel einst die Seele Bochums empfindlich ritzte.
Ganz anders sein Nachfolger: Dr. Gerd Bollermann gab sich aufgeräumt und gut gelaunt, als er im Biomedizinzentrum Bilanz seines Bochum-Tages zog. „Ich bin auf Konsens aus, nicht auf Dissens.“ Der gelernte Diplom- Pädagoge wusste seine Botschaft geschickt zu verpacken, wobei allerdings die Themensetzung verriet, dass sich die Probleme seit dem Regierungswechsel in Düsseldorf mit der Neubesetzung der Arnsberger Behörde im Nachgang nicht wirklich geändert haben.
Die kommunalen Finanzen standen gleich zu Beginn auf dem Plan seines Bochum-Marathons. Und natürlich: Die Entscheidung des Verfassungsgerichts von Dienstag, den Nachtragshaushalt 2010 des Landes zunächst zu stoppen, könnte auch Auswirkungen für die Stadt Bochum haben. Aber anders als sein Vorgänger legt er die Schwerpunkt der Argumentation anders, wenn auch wenig überraschend: „Bund und auch die Länder haben sich entlastet auf Kosten der Kommunen“, räumte Bollermann ein. Das Land habe erkannt, dass diese Benachteiligung der Gemeinden nun beseitigt werden müsse.
Überzeugt hat den Sozialdemokraten dabei die Präsentation Bochums. Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz gelang es, das Bild einer Stadt zu vermitteln, die anpackt und zeigt, was „uns vorwärtstreibt“.
Dass auf dem Biomedizinpark, wenige hundert Meter entfernt vom künftigen Gesundheitscampus mit der Hochschule für Gesundheit als Nukleus, nun tatsächlich ein Baukran steht, wollen die Wirtschaftsförderer als Fortschritt verstanden wissen. Auch wenn der zweite Blick zeigt, dass die zwei Millionen Euro, die die EGR dort für den Bau des Strategiezentrums zur Entwicklung des Gesundheitscampus investiert, zunächst nur ein Vorschuss sind.
EGR-Geschäftsführer Michael Müller: „Das Gebäude kann später von Firmen genutzt werden, die nicht selbst bauen können oder wollen.“ Ganz ähnlich dem ehemaligen roten Besucherzentrum am Potsdamer Platz in Berlin soll es mehr sein als ein Büro. Es erhält eine Dachterrasse, nicht etwa, um den rund 20 Mitarbeitern eine Art Sonnendeck zu geben, sondern damit potenzielle Investoren ihre künftige neue Umgebung aus der Vogelperspektive begutachten können.
Was stand sonst noch auf dem enggesteckten Programm des Bochum-Tages?
An der Viktoriastraße („Die Situation kannte ich bislang nur aus den Akten“) informierte sich Bollermann über das künftige Kreativ-Quartier und freute sich über zusätzliches Geld, das nun den Bau eines wie auch immer ausschauenden Konzerthauses möglich macht.
Da der Regierungspräsident als verlängerte Werkbank für die Integrationspolitik in den Kommunen zuständig ist, lag ihm der Besuch im Stadtumbaubüro am Springerplatz im Griesenbruch besonders am Herzen. Als eine mögliche Lösung des Fachkräftemangels sieht Bollermann ein besseres Bildungsangebot für Migrantenkinder.
Japaner in Versuchung geführt
Offenbar gibt es tatsächlich ein steigendes Interesse ausländischer Medizintechnikfirmen am Standort Bochum. Nach WAZ-Informationen besuchte Ende vergangenen Jahres eine äußerst hochkarätig besetzte japanische Delegation aus Tokio das Technologiezentrum Ruhr und das Bio-Medizin-Zentrum. Darunter auch Prof. Dr. Yoshiyuki Sankai von der Universität Tukuba und Geschäftsführer der Firma Cyberdyne Inc. Dieses Unternehmen macht derzeit mit dem Roboter-Anzug HAL Furore. Das futuristische Gerät soll etwa motorisch behinderten Menschen wieder eine größere Bewegungsmöglichkeit ermöglichen. Aber auch Gesunde könnten profitieren und ihre Leistungsfähigkeit erhöhen.
Die Japaner hätten sich von den Möglichkeiten und insbesondere der Nähe zur Ruhr-Universität durchaus beeindruckt gezeigt, hieß es nach dem Besuch aus Delegationskreisen. Das Technologiezentrum Ruhr machte keinen Hehl daraus, dass es ganz konkret um Ansiedlungsmöglichkeiten von Unternehmen aus Fernost in Bochum gegangen sei. Die Japaner kamen als Vertreter von Medizintechnikunternehmen, Forschungseinrichtungen, und Verbänden aus den Boom-Regionen um Osaka und Tokio nach Bochum.
Wirtschaftsförderer und Technologiezentrum laden in regelmäßigen Abständen ausländische Unternehmen ein. Rückenwind gebe es insbesondere durch die Einrichtung des Gesundheitscampus.