Bochum. .

Dei einer äußerst brutalen und lebensgefährlichen Gewaltattacke auf seinen Vater soll ein 18-jähriger Wattenscheider vermindert schuldfähig gewesen sein.

Ein 18-jähriger Wattenscheider, der seinen Vater (44) fast totgeschlagen haben soll, ist nur vermindert schuldfähig. Das sagte jetzt ein Gutachter vor dem Landgericht, wo der Junge seit Dezember angeklagt ist. Wegen eines höchst komplizierten Vater-Sohn-Verhältnisses - einer launischen Mischung aus Ab- und Zuneigung - sei er bei der Bluttat im absoluten Ausnahmezustand gewesen. Hinzu kamen sein Alkoholpegel und seine Minderbegabung. Der IQ liegt zwischen 55 und 64, hieß es.

Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag. Der 18-Jährige soll seinem arbeitslosen und offenbar schwer alkoholkranken Vater in der Nacht zum 12. Oktober in dessen Wohnung in Wattenscheid bei einer gemeinsamen Zecherei mehrere Knochen im Gesicht und in der Brust gebrochen haben. Außerdem kollabierten die Lungen. Am Arm klaffte eine tiefe Schnittwunde. Ein Faustschlag aufs Auge hatte so viel Wucht gehabt, dass der Augapfel bis unmittelbar vor das Gehirn gedrückt wurde. Allein durch diese Verletzung entstand eine tödliche Infektionsgefahr, sagte eine Gerichtsmediziner. Der Angeklagte ist großteils geständig.

„Ich wollte nie werden wie mein Vater“

Nach der Tat hatte der 18-Jährige seinen blutend und reglos am Boden liegenden Vater, der allein dort wohnte, einfach liegen gelassen und war in seine eigene Wohnung gegangen. 18 Stunden später ging der Vater in seinem furchtbaren Zustand zu einem Kiosk, um weiteren Alkohol zu kaufen. Der Verkäufer war vom Anblick so schockiert, dass der Notarzt gerufen wurde. Eine Not-OP rettete den Schwerstverletzten aus der Lebensgefahr. Bis heute muss er immer wieder zum Arzt. Anlass des Streits sollen Beleidigungen des Vaters gegen die Mutter und die Freundin des Sohnes gewesen sein.

Vor der 3. Strafkammer sagte der 18-Jährige, dass der Vater früher gewalttätig gewesen und viel Alkohol getrunken habe. „Ich wollte nicht werden wie mein Vater.“

Seit Oktober sitzt der vorbestrafte Angeklagte, der keinen Schulabschluss hat, in U-Haft. Am nächsten Mittwoch soll das Urteil fallen.

Der Vater verfolgte den Prozess zeitweise. Seiner Anwältin brachte er Blumen mit. Seinen Sohn pöbelte er an.