Bochum. .

Eine Zeugin (35) ist am Dienstag vor dem Bochumer Landgericht durch eine mobile Stellwand vor dem Angeklagten (36) geschützt worden. Während sie aussagte, sollte sie ihn nicht sehen müssen - und gleichzeitig auch nicht seine Blicke ertragen müssen.

Das hat es seit vielen Jahren nicht im Bochumer Gericht gegeben: Eine Zeugin wurde am Dienstag durch eine mobile Sichtschutzwand vor Blicken des Angeklagten (36) geschützt. Der arbeitslose Seiler aus München soll die 35-jährige Familienmutter in ihrer Bochumer Wohnung vier Monate lang so schwer gedemütigt haben, dass das Gericht die beiden bei der Vernehmung so weit wie möglich voneinander getrennt halten wollte.

Während die Frau von den Richtern befragt wurde, sollte sie ihren mutmaßlichen Peiniger nicht sehen müssen - und gleichzeitig auch nicht seine Blicke ertragen müssen. Das könnte sonst zu Verkrampfungen und Hemmungen in der Aussage führen.

„Sie brauchen keine Angst zu haben“

Richter Hans-Joachim Mankel, Vorsitzender der 7. Strafkammer. Foto: Michael Korte
Richter Hans-Joachim Mankel, Vorsitzender der 7. Strafkammer. Foto: Michael Korte © Michael Korte

Der mobile Sichtschutz ist eine etwa drei mal zwei Meter große weiße Stellwand. Sie stand in der Mitte des großen Schwurgerichtssaales und genau zwischen dem Zeugenstuhl und dem Sitzplatz des Angeklagten. „Sie brauchen keine Angst zu haben“, sagte Richter Hans-Joachim Mankel zu der Zeugin. „Ich bin in der Zeitung zitiert worden, dass ich dem Angeklagten nicht gestatte, das Wort an Sie zu richten. Dabei bleibt es.“ Er werde sofort einschreiten, sollte der Angeklagte auch nur „die leiseste Regung“ gegen die Angeklagte zeigen.

Das Recht auf Anwesenheit im Saal und auch das Fragerecht können dem Angeklagten aber natürlich nicht so ohne Weiteres entzogen werden. Er durfte die Zeugin über seinen Verteidiger Moritz Schmitz (Gladbeck) befragen. Diesem blieb der Blick auf die Zeugin unversperrt.

Laut Anklage musste die Frau vorgekautes Essen schlucken

Der Angeklagte hatte die Bochumerin im Internet kennengelernt. Er wollte eine intime Beziehung zu ihr, sie nicht. Er überzog sie unter anderem mit SMS-Terror und sehr bösen Verleumdungen. Wegen Nachstellung (Stalking) wurde er Ende 2009 zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Nur drei Tage später, so der jetzige Vorwurf, soll der Mann die Frau erneut aufgesucht und sie bis zum April 2010 in ihrer Wohnung gefangen gehalten haben. Laut Anklage kam es zu 26 Vergewaltigungen. Außerdem musste die Frau unter Drohungen mehrfach ein Essen herunterwürgen, das er vorgekaut hatte - „als Liebesbeweis“, wie Staatsanwalt Holger Heming in der Anklage schrieb. Einmal habe sie auch Lasagne essen müssen, die er zuvor auf seinem Körper verteilt habe. Seine Absicht sei es gewesen, die Frau zu erniedrigen und sich selbst sexuell zu stimulieren. Der Angeklagte streitet alles ab. Seit Mai sitzt er in U-Haft.

Bevor die Zeugin gestern - am fünften Sitzungstag - vernommen wurde, mussten die unbeteiligten Zuschauer den Saal verlassen. Begründung: Es kommen auch persönliche Dinge zur Sprache, die nicht in die Öffentlichkeit gehören.

Die 7. Strafkammer hat Termine bis in den April angesetzt.