Bochum. .

Ein Rückblick auf die negativen Ereignisse der vergangenen zwölf Monate in Bochum, von der Deponie am Marbach bis zum Stellenabbau bei Opel.

Januar

Das Jahr begann recht unspektakulär mit einer Weissagung des CDU-Granden Klaus Franz in einem Gespräch mit der WAZ. Spektakulär daneben lag er allerdings im Rückblick: „In den kommenden Jahren haben die Stadtwerke keine größeren Investitionen vor, keinen großen Knaller.“ Im Hinterkopf hatte er da, dass es ja der Versorger sein könne, der der Stadt ein wenig helfen könne bei der Suche nach Wegen aus der Finanzklemme. Den Knaller Steag-Deal hatte er damals offenbar noch nicht auf dem Schirm, wie es so schön heißt.

Februar

Ohne Knaller, dafür aber um so nachhaltiger und still sollte der Antrag von Thyssen-Krupp Nirosta auf Wiederinbetriebnahme und Erweiterung der seit Jahren stillliegenden Schlackendeponie am Marbach in Hamme über die Bühne gehen. Doch es sollte anders kommen. Die Bürger im von seit Jahrzehnten von der Stahlindustrie geprägten Stadtteil Hamme standen auf und starteten eine kraftvolle Initiative gegen den Deponiestandort. Unter anderem wurden mehr als 2000 Unterschriften gegen den Stahlkocher gesammelt. Entschieden ist der Fall noch nicht. Im kommenden Jahr steht der Erörterungstermin durch die Umweltbehörde an.

März

Ein schwerer Schlag für die Familie Borgböhmer war der Brand der traditionsreichen Gaststätte Waldesruh im Bochumer Süden am 13. März. Bis auf die Grundmauern zerstörte das Feuer das beliebte Ausflugs- und Gesellschaftslokal. Die Polizei geht bis heute von Brandstiftung aus. Doch gefunden wurde der Täter nicht. Die Brüder Heino und Gerd Borgböhmer ließen sich nicht unterkriegen. Es läuft der Wiederaufbau am gleichen Platze, aber im neuen Stil.

April

Nicht als Aprilscherz, sondern vielmehr als konkrete Absicht der Stadt entpuppte sich der Plan, den von vielen Bochumern seit 30 Jahren liebgewonnenen „Blumen-von-Marlene-Pavillon“ auf der Huestraße abzureißen. Eine Flut von Protestbriefen hagelte es, als die Nachricht publik wurde. „Wieder wird Bochum um ein Stück charakteristischer Stadtgestalt ärmer. Schade“, schrieb eine Leserin entrüstet. Vergeblich protestierte auch Architekt Karl F. Gehse, der den Bau einst entworfen hatte. Die Stadt setzte sich durch, warb für eine Sichtachse, die aus städtebaulicher Sicht wichtiger sei. Zum Verdruss vieler Besucher.

Mai

Der Mai brachte nicht nur die Kraft der Natur. Die Kraft des Faktischen bestimmt seitdem den Bereich der ehemaligen Autobahnabfahrt Stahlhausen. Offiziell wurde in diesem Monat der Bau des Westkreuzes gestartet. Das 65-Millionen-Euro-Projekt ist das Herzstück der Bochumer Lösung. Was hier auf der Flop-Seite steht, weil es natürlich die endgültige Niederlage der DüBoDo-Gegner zementiert, die am 9. Juni letztinstanzlich vor dem Bundesverwaltungsgericht scheiterten (auch die Wasserralle konnte das Autobahn-Großprojekt bekanntlich nicht mehr stoppen), kann aus Sicht der Befürworter natürlich genauso auf der anderen Seite dieses Rückblickes auftauchen.

Juni

Im Juni gab es aus Sicht der fußballbegeisterten Bochumer Menschen einen Super-Gau, der ausnahmsweise nichts mit den Leistungen eines gewissen Vereins mit Stadion an der Castroper Straße gemein hat. Obwohl es um genau diese Straße geht. Dort liegt bekanntlich nicht weit entfernt der Kirmesplatz. Der Versuch eines Veranstalters, dort für die Fußball-WM eine große Public-Viewing-Veranstaltung aufzuziehen, scheiterte. Nach einer Vielzahl ausgelegter Stolpersteine, so jedenfalls das Gefühl des Initiators, sagte er den Plan ab. So dass die größten Veranstaltungen in Kneipen oder Kleingärten stattfanden. Schade.

Juli

Trotz des herrlichen Juliwetters blieben die schlechten Nachrichten nicht aus. Opel-Chef Nick Reilly bekräftigte, dass bis Ende 2011 rund 1800 Stellen im Bochumer Opelwerk gestrichen werden. Das Ziel, dies per Abfindung oder durch Versetzung zu erreichen, ist noch in weiter Ferne. Immer wieder appellierte Betriebsratsvorsitzender Rainer Einenkel, in Bochum nicht nur den neuen Zafira, sondern ein zweites Modell zu produzieren - so wie es bisher mit dem Astra lief. Seine Hoffnung: Dann werde der Personalabbau weit glimpflicher verlaufen. Zur Peinlichkeit geriet im Juli die drohende Abschiebung eines Rabbiners durch die Stadt. Auch der vorzeitige Abbruch der World Press Photo-Ausstellung im Hauptbahnhof regte viele auf. Die Ausstellung wurde wegen angeblicher Beschwerden über Bilder, die Gewalt dokumentierten, abgebrochen. Das trug Bochum von Kritikern den Vorwurf der Zensur ein.

August

Dass ausgerechnet der beliebte Sparkassen-Giro, das alljährliche Radrennen mit Spitzensportlern, im Jahr 2010 kein schöner Anblick war, lag nicht an den engagiert strampelnden Akteuren. Der vor Nässe triefende Wettergott war ganz allein Schuld an dem Desaster - wahre Wassermassen ergossen sich über Bochum und bremsten das schöne Spektakel der Radler weitgehend aus. Viele Besucher verließen fluchtartig die Schauplätze. Schade. Betrübt war auch die Stimmung in der Weitmarer Kirchengemeinde 14-Heiligen, wo Mitglieder immer noch um ihr Gotteshaus kämpfen und sich zu einem Gottesdienst im Freien versammelten - vor der verschlossenen Kirche.

September

Der Bochumer Etat 2010 wurde vom Regierungspräsidenten in Arnsberg abgeschmettert. Die Stadt konnte nicht belegen, dass ihr Haushalt bis 2015 ausgeglichen sein wird. Mit weit über hundert Millionen Euro Defizit allein im Jahr 2010 war sie auch weit entfernt davon. So dauerte die Haushaltssperre an. Dazu passte, dass Stadtkämmerer Manfred Busch gleich fünf Ratsfraktionen verprellte, weil er SPD und Grüne Tage vorab über wichtigen Zahlen informiert hatte und dabei „erwischt“ wurde. Der Dezernent wurde von OB Ottilie Scholz ermahnt und entschuldigte sich. Ein späterer Versuch der CDU, ihn von seinem Posten abzulösen und ihm ein anderes Dezernat zuzuweisen, fand keine Mehrheit im Rat.

Oktober

Die Schließung des Ratio-Kaufzentrums in Hofstede soll laut Gewerkschaft Verdi Anfang 2011 passieren. Knall auf Fall waren die Mitarbeiter von der beabsichtigten Maßnahme informiert worden. Sauer waren auch andere: Vor dem Rathaus formierte sich eine Menschenkette gegen die einschneidende Sparpolitik von Rat und Stadt Bochum, die seit 2009 unter Haushaltssperre steht, weil sie keinen ausgeglichenen Haushalt hat. Die Schließung von zwei Stadtteilbüchereien und die Verkürzung von Öffnungszeiten in den Bürgerbüros sind unter anderem im Gespräch, später wird davon abgesehen. Dagegen steht das geplante Kleinkunst-Theater „Café Industrie“ von Frank Goosen im Viktoria-Quartier auf wackligen Füßen. „Bleibt’s nur ein Traum?“ hieß die Schlagzeile.

November

Enttäuschung: Beim Wettbewerb Innovation City Ruhr erhält Bottrop und nicht Bochum den Zuschlag zur Pilotregion „Klimastadt der Zukunft“. Immerhin ging es um über 2,5 Milliarden Euro an privaten Investitionen und Fördermitteln für die nächsten zehn Jahre. Bochums Partnerstadt Nordhausen war wiederum enttäuscht über OB Ottilie Scholz, weil sie in sechsjähriger Amtszeit noch nie offiziell in Nordhausen war. In der Brenscheder Schule kam es zum Chlorgasalarm - bei der Vorbereitung zum Chloren des Schwimmbades wurde versehentlich etwas Chlorbleiche verschüttet. 179 Kinder mussten die Schule verlassen. Am Hauptbahnhof und auf dem Weihnachtsmarkt patrouillieren verstärkt Polizeikräfte wegen Terroralarm. Empörung lösen Hakenkreuzschmierereien aus. In der bundesweiten Erhebung „Attraktive Stadt“ bildet Bochum das Schlusslicht von 34 Großstädten. Versprechen gebrochen: Der Ausbau des „Platzes des europäischen Versprechens“ verzögert sich. das Wort vom „Platz des gebrochenen Versprechens“ geht um.

Dezember

Schnee und Eis halten die Stadt im Griff. Die Händler auf dem Weihnachtsmarkt bibbern um die Wette. Zeitweise lässt die Bogestra die Busse im Depot, Bochum versinkt in einer Schneedecke. In Bau- und Einkaufsmärkten sind Salzsäcke vergriffen, Nachschub ist kurzfristig nicht in Sicht. Vieles wird teurer, beschließt der Rat, die Abwassergebühren, die Beisetzungen in Reihen- und Familiengräbern, die Marktgebühren. Außerdem werden die Öffnungszeiten in städtischen Hallenbädern verkürzt. Der Etat 2011 wird verabschiedet, er ist wie sein Vorgänger gleichfalls nicht ausgeglichen. Feueralarm: Am Stadion brennt das Fliednerhaus, die Übernachtungsstelle für Nichtsesshafte, in Werne geht eine Lagerhalle in Flammen auf.