Bochum. .
Jedes Jahr scheint die kalte Jahreszeit völlig überraschend wie aus dem Nichts über uns hereinzubrechen. Ein Psychologe erklärt das Phänomen.
Und plötzlich ist er da, der Winter. Natürlich ist kein Streusalz im Haus. Ein kurzer Anruf in der Werkstatt verrät, dass Sie nicht der Einzige sind, der heute unbedingt neue Winterreifen braucht. Wieso kommt der Winteranfang bloß immer wie aus dem Nichts?
Der Bochumer Diplom-Psychologe Hans-Lothar Voß kennt die Antwort: „Das ist wie beim Sterben. Zwar ist mit dem Winter zu rechnen, aber diese theoretische Erwartung ist eher abstrakt. Die Menschen werden aus ihrer Alltagsroutine gerissen.“
Bochumer haben dazu gelernt
Einen rationalen Grund für den kollektiven Andrang auf Winterware erklärt Jacqueline Grünewald vom ADAC: „Nachdem die vergangenen Winter – mit Ausnahme von 2009 – eher mild waren, warten viele Autofahrer tendenziell lieber erst einmal ab, wie sich die Situation entwickelt. Ende November trat die neue Winterreifen-Verordnung in Kraft, zusätzlich gab es schlechtes Wetter. Das war dann der Beginn vom großen Run auf die Winterreifen.“
Zumindest in Sachen Streusalz haben die Bochumer diesmal vorausschauend geplant: „Viele Bochumer haben aus dem Engpass im letzten Winter gelernt und sich rechtzeitig eingedeckt“, beobachtete ein Baumarkt-Mitarbeiter bereits Mitte Dezember. Diesmal wurde also schon vor Beginn der Frostperiode wohl bedacht eingekauft.
Meckern erlaubt
Wer dennoch beim ersten Schnee ohne jegliche Winterausrüstung dasteht, braucht sich jedenfalls nicht zu schämen, falls er sich dem allseits beliebten Jammern auf hohem Niveau hingibt („Jetzt ist doch glatt schon wieder Winter, und ich hab keine Winterreifen drauf . . . was mache ich denn jetzt?“). FachmannHans-Lothar Voß bietet eine Erklärung, warum wir uns über den „unvorhergesehen“ eingetretenen Winter beschweren: „Plötzlich veränderte Bewältigungsanforderungen erfordern eine unmittelbare Anpassung. Darüber zu sprechen ist ein Teil unserer Bewältigungsstrategie.“
Na also, meckern darf man noch, und der psychischen Verarbeitung dient es auch.