Bochum. .
Monika Sechting betreibt eine Puppenwerkstatt. Die 59-jährige Bochumerin fertigt selbst kostbare Puppen und bietet Zubehör für Bastler sowie Kurse für Sammler und Liebhaber an.
Das Haus am Ende der ruhigen Wohnstraße Am Hohwege in Linden zeugt von Detailverliebtheit seiner Bewohner, aber auch vom Hang zum gemütlichen Heim. Doch erst im Keller schlummert der wahre Schatz dieser Adresse, der Monika Sechting (59) bekannt machte. Die Bochumerin fertigt kostbare Puppen und bietet Zubehör für Bastler an. Geöffnet ist „Puppenbedarf Schnadt“ ganztägig als Onlineshop und jetzt zu Weihnachten überdies als Ladengeschäft von Montag bis Freitag.
Regale im Kellerflur sind dekorativ drapiert mit teuren Käthe-Kruse-Puppen, dazwischen recken Teddy-Raritäten ihre Tatzen in die Höhe. Dahinter öffnet sich der „Ausstellungsraum“, inszeniert als Gabentisch, der über und über gefüllt ist mit Puppen, die das Sammlerherz zum Hüpfen bringen.
Lebensecht
Besonders augenfällig: Die „Reborn“-Babys, die in allen erdenklichen Posen schlummern oder in die Welt staunen. Diese Puppen wirken so lebensnah, dass sie tatsächlich für echte Säuglinge gehalten werden könnten. Überdies sind sie in Größe und Gewicht dem wahren Leben nachempfunden, so dass einige Leute sie auch als Trainings-Wickelpuppe für den künftigen Nachwuchs nutzen.
Monika Sechting hat vor fast 30 Jahren ihr „Herz für das Puppenmachen entdeckt“. Zuerst mehr aus Langeweile, wie sie sich erinnert: „Im Sommer 1981, ich war hochschwanger, ließ ich mich von einer Freundin in einen Stoffpuppen-Lehrgang mitschleifen.“
Die Initialzündung aber kam, als Söhnchen Nils zwei Jahre alt war. Diesmal war es eine Nachbarin, die Monika Sechting in die Familienbildungsstätte lockte, wo Porzellanpuppen hoch im Kurs standen. „Die Dozentin ließ uns Köpfe anfertigen, ohne zu zeigen, wie sie auf dem Rumpf befestigt werden könnten.“ Wut darüber war schuld, dass sich die Bochumerin in die Materie verbissen hat: „Ich wollte herausfinden, wie’s geht.“ Als sie es dann wusste, gab es kein Halten mehr. „Das war genau mein Ding, ich war glücklich damit.“ Bis ihr Körper streikte: Die gegossenen Rohformen mussten stets abgeschmirgelt werden; „das staubte mehr als im Pütt“. Der Arzt diagnostizierte eine Staublunge und verbot ihr weiterzumachen: „Ich bekam die dunkelrote Karte“.
Und wieder war es mehr ein Zufall, der die Puppenmutter 2003 auf eine neue Idee brachte: Eine Kundin brauchte große Augen für eine bis dahin überwiegend nur in den USA populäre Puppenform, die „Reborns“, denen der Bastler selbst zu Wiedergeburt verhelfen kann.
Bochumer Puppenstube
„Bis dahin hatte ich noch nichts davon gehört. In Deutschland gab’s noch keinen Zubehör, der Vertrieb lief allein über die USA.“ Für die Bochumerin ein Neuanfang, zumal sie von ihren geliebten Porzellanpuppen schweren Herzens Abschied nehmen musste. Sie besorgte sich die Vinylrohlinge in verschiedenen Gesichtsausdrücken und entwickelte rasch eine Fertigkeit im Umgang mit den filigranen Accessoires – nichts für ungeduldige Menschen. „Ich habe vieles ausprobiert, mit der Zeit kommt man in Übung.“
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Der Babyflaum, Mohair oder Echthaar, etwa muss mit einer Nadel in den Kopf eingepflanzt und später von innen mit Kleber fixiert werden. Auch dem Gesichtchen muss Leben eingehaucht werden, indem Augen eingesetzt, Farbe aufgetragen und die Nasenlöcher eingefügt werden. Heute bietet Monika Sechting die Puppen komplett, als Bastelset (von ihr für Einsteiger zusammengestellt) und in Einzelteilen an. Einer der Kellerräume ist ausschließlich dem Zubehör vorbehalten. Da stapeln sich in Schubladen winzige Turnschühchen, darüber lagern Augen, paarweise in allen Farben. Perücken, Knöpfe, geklöppelte und bestickte Kragen, Lederschuhe, Socken, sogar Wimpern sind dabei. „Als Kleidung kann man alles verwenden, was für Säuglinge angeboten wird, denn Größe und Gewicht der Puppen entsprechen dem Durchschnittsbaby.“ Ein weiterer Angebots-Schwerpunkt: Käthe Kruse Puppen, wertvolle Einzelexemplare und Sondereditionen für Sammler, und Schildkröt.
Mehrfach im Jahr besucht die Bochumerin Fachmessen von Rotterdam bis Wien. Und für Einsteiger bietet sie Kurse an für Leute, die das Reborn-Herstellen erlernen wollen. Die Nachfrage ist ungebrochen groß.