Bochum. .
„Das Fremde und das Eigene“: Die aktuelle Ausstellung im Stadtarchiv bildete die Grundlage für ein neues Geschichtsprojekt der Graf-Engelbert-Schule.
Die ersten 90 von 180 Jugendlichen der 10. Jahrgangsstufe nahmen gestern daran teil, initiiert vom Alfried-Krupp-Schülerlabor der Ruhr-Universität und vom Stadtarchiv. Die zweite Hälfte wird im Februar folgen.
Unterstützt von renommierten Wissenschaftlern aus vier Disziplinen arbeiteten sie mit historischen Objekten und Originalquellen und konnten dazu den Fundes des Stadtarchivs nutzen. Aktuelle Fragen zur Migration und zur eigenen Identität wurden durchleuchtet, wobei mitunter überraschende Erkenntnisse gewonnen werden konnten, aber auch vieles, das teils im Unterricht bereits thematisiert worden war, Bestätigung fand.
Die Germanisten stöberten in der Bibliothek des Arztes Carl Arnold Kortum, der exotische Lebensräume detailliert beschrieben hat, ohne jemals dort gewesen zu sein. „Verblüffend, wie viel er herausgefunden hat, ohne zu reisen“, fand Rebecca (16). Vieles aber war der Fantasie des Gelehrten geschuldet, der sich ganz eigene Vorstellungen gemacht hat, die aus der heutigen globalisierten Sicht der Jugendlichen eine gewisse Komik birgt. „Er stellte sich den Hottentotten als Riesen vor“, berichteten Lena (15) und Nina (16).
Traugott Jähnichen, Professor für Christliche Gesellschaftslehre der Ruhr-Uni, durchleuchtete mit einer Gruppe die Frage nach der Rolle, die Religion für Migranten spielt. Verglichen wurden die heutigen Türken in Deutschland mit den Polen und Masuren, die um die Wende zum 20. Jahrhundert hierher gekommen waren. Auch diese hatten sich zunächst in Parallelgesellschaften verschanzt, wie die Schülerinnen und Schüler erfuhren. Sie sprachen kein Deutsch, nutzten allein ihre Kirchen und ihre Sportvereine. Dass es dennoch gelang, sich zu integrieren, kam mit der zweiten und dritten Generation und sei vor allem der Vermischung durch Heirat geschuldet. Bei den Türken sei die soziologische und religiöse Differenz größer. Die Jugendlichen waren sich einig, dass sich viele Muslime schwerer täten, aus ihrer Parallelgesellschaft auszubrechen. Doch wie bei den Polen setzten sie ihre Hoffnung auf die Zeit: Das Abschotten sei vielleicht nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Integration. Eine weitere Gruppe unter der Leitung von Dr. Hans-Christoph Seidel vom Institut für soziale Bewegungen befasste sich mit dem Schicksal von Zwangsarbeitern im Bergbau während der Nazi-Diktatur. Die Historiker schließlich mit Prof. Thomas Stöllner hatten sich ausgelagert ins Bergbaumuseum. Sie untersuchten, wie in frühen Entwicklungsstufen Fremde aufgenommen wurden und nutzten für ihre Forschungen das Equipment des Museums.