Transplantation: Es fehlt an Organspenden. Für eine Niere muss man sieben Jahre warten, für eine Leber 18 Monate.
Eigentlich war diesmal von frischer Lebensqualität die Rede – nach einer gelungenen Transplantation nicht nur bei Herz und Niere. Aber dann schlich sich doch wieder der garstige Zahlentod durch die Hintertür: Rund 30 Prozent aller Patienten, die in Deutschland auf eine Organspende (Niere, Herz, Leber) hoffen, erleben den ersehnten Tag der OP nicht mehr. Sie sterben auf der Warteliste, weil es nicht genug Organspenden gibt.
Das berichtete Prof. Dr. Richard Viebahn, Direktor der Chirurgischen Klinik am Knappschaftskrankenhaus Langendreer, zum Auftakt des 12. WAZ-Nachtforum Medizin im Knappschaftskrankenhaus. Auf eine Niere müssen Patienten bis zu sieben Jahren warten, auf ein Herz ein bis zwei Jahre, auf eine Leber 18 Monate. 10 000 Patienten, so Viebahn, warten auf Organspenden.
„Neues Leben” – Organtransplantation 2009” war das kompakte Thema an diesem Abend in der Cafeteria der Klinik. „Keine 12 Apostel, aber sechs Referenten” seien gekommen, schmunzelte Werner Conrad, Redaktionsleiter der WAZ Bochum, der wiederum moderierte.
Nach Viebahns bestürzender Statistik informierte Dr. Peter Breil, Oberarzt der Augenklinik des Knappschaftskrankenhauses, über die Transplantation bei Hornhauttrübung. „Lass Licht herein” war das Motto. Krümmungen der Hornhaut ließen sich meist durch eine Brille ausgleichen, aber nicht, wenn die Hornhaut beulenartige Ausbuchtungen entwickle. Er stellte einen jungen Patienten vor, der genau daran litt. Der Student hatte deshalb 2007 eine neue Hornhaut für das linke Auge erhalten und aktuell eine für das rechte. Dr. Breil erläuterte, wie die „Windschutzscheibe des Auges” per Lasertechnik abgelöst wird, bevor die Spenderhornhaut eingepasst wird.
Auf eine Zeitreise der Herzchirurgie entführte Prof. Dr. Axel Laczkovics das Publikum. Der Direktor der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie am Bergmannsheil hatte früher in Wien, genau vor 25 Jahren, seine erste Herztransplantation durchgeführt. 120 Zigaretten habe einer seiner Patienten täglich geraucht, nach der OP habe der Mann seinen Konsum auf 60 Stück reduziert. Im Bergmannsheil, bedauerte der Herzchirurg, dürfe man kein Herz transplantieren. „Das ist eine politische Entscheidung, aber enttäuschend.” Eine Herzverpflanzung sei „eine der simpelsten Herausforderungen, das Auge ist viel komplizierter”. Doch nach der Herz-OP müsse man aufpassen: „Am Anfang sterben mehr Personen, später führen sie ein ganz nettes Leben.” Inzwischen gehe, wohl auch angesichts der Wartezeit für ein Spenderherz, der Trend zum Kunstherzen, da gebe es „so viele wie Automarken”.
Eine Patientin, 1996 operiert, sagte auf seine Frage: „Für mich hat sich das gelohnt. Ich bereue keinen Tag, dass ich das gemacht habe.” Jetzt wartet sie sei drei Jahren auf eine Nierentransplantation.
„Wir kommen zur Leber,” kündigte Werner Conrad gutgelaunt Dr. Stefan Heringlake an, den leitenden Oberarzt der Medizinischen Klinik am Knappschaftskrankenhaus. Der zeigte schockierende Bilder einer Leberzyrrhose, der häufigste Grund (neben Krebs und Hepatitis) für eine Lebertransplantation, und sprach dabei vom „knotigen Umbau der Leber” und der „Abschnürung der Leberläppchen”. Er warnte vor zuviel Alkohol: Die „toxische Grenze” sei bereits nach dem Genuss von zwei Flaschen Bier oder zwei Gläsern Wein erreicht. Auch Heringlake erwähnte die Warteliste, auf der leider noch „viele Schwerkranke versterben”. Er riet zur Impfung gegen Hepatitis B, zur Überprüfung der Leberwerte und zu moderatem Alkoholkonsum.
„Wenn neue Bäche fließen – was leistet die Nierentransplantation?” – Das waren die Stichworte für Prof. Dr. Bernhard Krämer, Direktor der Medizinischen Klinik I am Marienhospital Herne. Auch Krämer hatte einen Patienten mitgebracht, der „von einer Freundin aus der Studienzeit” eine Niere erhalten hatte, die vor drei Wochen transplantiert wurde. Interessant: Obwohl die Blutgruppen nicht passten, konnte die Niere verwendet werden. Dies funktioniere dank eines vorgeschalteten Antikörperverfahrens.
Über die Transplantation der Bauchspeicheldrüse sprach Dr. Peter Schenker, Oberarzt der Chirugrischen Klinik am Knappschaftskrankenhaus. 398 derartige Eingriffe wurden dort schon gemacht, bei Diabetes-Patienten oft kombiniert mit einer neuen Niere. Schenkers Kollege, Oberarzt Andreas Wunsch, machte Hoffnung: Bei richtiger Nachsorge sei man zu Hochleistungen fähig, wie etwa Larry Hagman („Dallas”) nach einer neuen Leber.
Neues Herz: „Für mich hat sich das gelohnt”
Gleich mehrere Ärzte hatten Patienten mitgebracht, die dem Publikum auch schilderten, wie sie mit dem neuen Organ, etwa Hornhaut, Herz oder Niere, zurechtkommen. Herzpatientin Annelie Schadach sagte da spontan auf eine Nachfrage: „Für mich hat sich das gelohnt. Ich bereue keinen Tag, dass ich das gemacht habe.”
Diabetes-Patientin Mercina Deskanovic berichtete beim WAZ-Nachtforum Medizin im Knappschaftskrankenhaus über ihre Pankreas-Transplantation, die erst wenige Tage zurücklag.
Organspende
- Wer sich über Organspenden und den Organspendeausweis informieren will, kann das u.a. hier tun:
- Kostenlose Auskunft erhält man beim Infotelefon Organspende der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter der Telefonnummer 0800/90 40 400. Im Intternet gibt es Informationen unter www.organspende-kampagne.de und http://www.dso.de/ (Deutsche Stiftung Organtransplantation).
Die Vorlagen zu Vorträgen des WAZ-Nachtforums vom 18. Juni finden Sie auf der Krankenhaushomepage http://www.kk-bochum.de/ unter dem Punkt „Aktuelles”: Projekt Neues Leben.
- Fotostrecke 12.WAZ-Nachtforum Medizin