Bochum. .

Ein Rentner fühlt sich beim Autokauf in Langendreer reingelegt: Trotz frischer Hauptuntersuchung und Prüfplakette steckte der Wagen voller Mängel.

Wenig Freude hat Rentner Hans-Jürgen Neuhaus aus Bergkamen an seinem „neuen“ Auto: Vor vier Wochen kaufte er in Bochum Langendreer für seine Tochter einen gebrauchten Ford Fiesta. Doch trotz frischer Hauptuntersuchung und Prüfplakette steckte der Wagen voller Mängel - wie sich hinterher in einer Werkstatt herausstellte, als es darum ging, den Wagen „winterfest“ zu machen.

Jetzt wittert Neuhaus ein abgekartetes Spiel, zumindest Pfusch. Über eine Anzeige war er an den Bochumer Autoverkäufer B. geraten. Man wurde sich rasch einig. Für 900 Euro wechselte der Wagen am 5. November den Eigentümer. Drei Tage zuvor hatte der Verkäufer den Ford bei einem GTÜ-Sachverständigen im Harpener Feld zur Hauptuntersuchung vorgeführt. Ergebnis des Prüfingenieurs: „Geringe Mängel.“ Vier wurden benannt: das Lüftspiel bei der Feststellbremse müsse eingestellt werden, das Gummi vom hinteren Scheibenwischer sei beschädigt, das Abblendlicht zeige rechts verminderte Wirkung und das Fernlicht habe rechts einen Massefehler.

Weil das Fahrzeug an jenem Tag noch nicht angemeldet war, wurde die Prüfplakette später durch die Zulassungsstelle vergeben.

Am 12. November schon sieben Mängel

Der Stress für Rentner Neuhaus begann, als er den Wagen am 12. November in die Kfz-Meisterwerkstatt Witzler in Hamm gab, um ihn auf seine Wintertauglichkeit testen zu lassen. Als der Befund kam, verschlug es dem Rentner fast den Atem. Jetzt waren es schon sieben Mängel: „Bremsschläuche porös, Querlenkerlager vorne und hinten gerissen, Keilriemen rissig, Batterie nicht ausreichend befestigt, Polabdeckung fehlt, Schwingungsdämpfer undicht, Scheinwerferhöhenverstellung rechts ohne Funktion, Scheinwerferkabel rechts unsachgemäß montiert und verlegt.“

Neuhaus ging auf Nummer Sicher und schaltete einen Gutachter vom TÜV Hamm ein. Der inspizierte den Wagen, machte Fotos und schickte seinen Bericht an die GTÜ-Hauptverwaltung Stuttgart. Die forderte den Bochumer GTÜ-Prüfingenieur P. zu einer Stellungnahme auf.

Der Ingenieur auf WAZ-Nachfrage: Er könne letztlich nicht ausschließen, dass er bei der Hauptuntersuchung etwas übersehen habe. Wenn der Wagen bei schlechtem Wetter mit nassen Dreckklumpen verkrustet sei, sehe man eventuelle feine Risse nicht mehr gut. Den Autoverkäufer B. kenne er gut: „Das sind zwei Leute, die kommen ein- bis zweimal die Woche. Die Autos sind im allgemeinen ganz in Ordnung.“

Der Fall landete bei Martina Grossöhmig, Qualitätsabteilung der GTÜ-Hauptverwaltung Stuttgart. „Im grünen Bereich war das nicht“, sagte sie der WAZ gegenüber zur Arbeit des Bochumer Prüfingenieurs. „Die Dokumentation ist nicht in vollem Umfang erfolgt. Das war nicht hundertprozentig. Aber ein Vorsitz ist nicht erkennbar.“

Am 22. November wurde „Ihr Fahrzeug in Hamm durch unseren Auditor Herrn Pesch nachbesichtigt“, schrieb Grossöhmig der Tochter von Rentner Neuhaus.

Bei dieser Untersuchung wurden noch mehr Mängel festgestellt, neun insgesamt, wie aus einem GTÜ-Schreiben hervorgeht, das der Redaktion vorliegt.

Doch bevor der Wagen dem Käufer übergeben worden war, hatte einer offenbar noch dran gefummelt, womöglich in guter Absicht. Der GTÜ-Stuttgart: Wegen des „erkennbaren sauberen Zustandes der Leitungen liegt hier die Vermutung nahe, dass bereits im Nachgang zur Hauptuntersuchung an der Verkabelung gearbeitet wurde“, um einen Mangel zu beheben.

Man könne nicht ausschließen, dass bei einem Teil der Mängel die Einstufung im Untersuchungsbericht „nicht in vollem Umfang ordnungsgemäß erfolgt ist“. Man habe den Fall deshalb an die Technische Leitung des GTÜ weitergegeben.

Doch wegen Gewährleistungsansprüche müsse sich Neuhaus schon an den Autoverkäufer in Bochum wenden. Denn zwischen Neuhaus und dem GTÜ als „durchführende Überwachungsorganisation“ bestehe kein Vertrag. Der Prüfingenieur handele „als beliehene Person hoheitlich“, ein direkter Schadensersatzanspruch scheide deshalb aus.