Bochum. .

„Die Wunde Wagner“ heißt das zentrale Projekt im letzten Teil der gedrittelten Spielzeit der Bochumer Symphoniker. Mit Konzerten, Filmen, Musiktheater und Kabarettthematisieren Steven Sloane und die BoSy ein Tabu.

„Es ist viel Hitler in Wagner“, so ein Wort von Thomas Mann. Eines das an die grundsätzlichen Fragen gemahnt, die sich im Umgang mit dem Lieblingskomponisten der Nazis stellen. Fragen, die sich aber nicht nur in tiefschürfender wissenschaftlicher Mentalitätsforschung oder Textarbeit stellt, sondern konkret im musikalischen Leben: „Sollen Richard Wagners Werke in Israel gespielt werden?“.

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Von DerWesten

In einer Podiumsdiskussion zu dieser Frage gipfelt die Auseinandersetzung der Bochumer Symphoniker mit dem Themenkomplex Wagner und Israel. „Wunde Wagner“ heißt das zentrale Projekt im letzten Teil der gedrittelten Spielzeit der BoSy. Mit Konzerten, Filmen, Musiktheater, Kabarett nähert sich das am 18. Februar beginnende und am 24. März endende Projekt diesem extrem schwierigen Sachverhalt.

Grundsätzliche Fragen stellen sich: die nach der Verantwortung des Künstlers, die nach dem Verhältnis von Leben und Werk und jene nach der Macht der Musik.

Generalmusikdirektor Steven Sloane weiß, wie aufsehenerregend das Projekt ist, das zum Abschluss in einem Konzert in der Jahrhunderthalle „Nationalismus und Gebet“ zum Titel macht. Auszüge aus Wagners „Lohengrin“ und aus den „Meistersinger“ werden dann gespielt, aber auch Leonard Bernsteins Symphonie Nr.3 „Kaddish“. Als Sprecherin konnte dafür die Schauspielerin Daphne Wagner gewonnen werden, aus Israel stammt die hoch talentierte Sopranistin Noa Danon. Involviert ist zudem ein israelischer Mädchenchor.

„Das wird ein kontroverses, provokatives Konzert“, glaubt GMD Sloane, der sich als Amerikaner, als Israeli und als Deutscher im Zentrum dieser schwierigen Diskurse bewegt. Auch er habe keine konkreten Antworten, hoffe aber auf eine ausführliche Auseinandersetzung.

Großer Diskurs in der Jahrhunderthalle

Die wird nicht nur auf der musikalischen Ebene geführt, sondern - vor allem am Abschlusstag - auch ganz konkret an einem Tisch. Am 24. März wird die Jahrhunderthalle zum Ort des Diskurses. Referaten von namhaften Forschern folgt eine prominent besetzte Podiumsdiskussion, an der unter anderen Schauspielerin Iris Berben, der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Schimon Stein und der streitbare Urenkel Gottfried Wagner teilnehmen sollen. Begleitet wird dieser Tag, der im erwähnten Abschlusskonzert endet, von einem Jugendsymposium, das von Bochumer Schülern moderiert wird.

Das ausführliche Programm zu „Wunde Wagner“ wird in den nächsten Tagen aus der Druckerei kommen. Neben dem Wagner-Projekt setzten die BoSy weitere Schwerpunkte. Einer ist Joseph Haydn. Am 18. und 19.Juni soll sich deshalb das Wasserschloss Haus Kemnade in Schloss Esterházy verwandeln, wo Haydn lange Konzertmeister war. Dann gibt es Streichquartette, eine Symphonie und ein Schlosshofkonzert in wunderbarer Kulisse. Zudem wird die einzige erhaltene Marionettenoper Haydns, „Philemon und Baucis“(Premiere zuvor schon am 3.April in den Kammerspielen) zur Aufführung mit Puppenspiel in die Scheune kommen. Möge dafür doch gutes Wetter herrschen.

Große Aufmerksamkeit widmen die BoSy ferner der Jugend, die nicht nur die Zielgruppe der Familienkonzerte sind, sondern auch aktiv Musik machen soll. Dafür steht vor allem der englische „Education-Papst“ (Sloane), der auch in diesem Jahr wieder in Bochum arbeitet.