Bochum.

Mit drei souverän gewonnenen Heimspielen startete das Prinz Regent Theater in die neue Saison. 9:0 Punkte sozusagen, eingespielt mit drei Inszenierungen („Verbrennungen“, „Iphigenie“, „Der Idiot/Mad King“), machten klar, dass sich das PRT in der Spitzengruppe nicht nur der freien Theater festgesetzt hat.

Das freut die Intendantin Sibylle Broll-Pape, die mit ihrer Bühne 2011 20-jähriges Bestehen feiert, das freut aber vor allem die Theaterenthusiasten – sie wissen, dass sie in aller Regel im Zimmertheater an der Prinz-Regent-Straße nicht nur ausgefallene Einrichtungen, sondern stets auch 1 a-Schauspieltheater geboten bekommen. Was der Mini-Rückblick auf den Spielzeit-Auftakt beweist:

„Verbrennungen“

„Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad, ein so umstrittenes wie umwerfendes Theaterstück, das Broll-Pape schon länger mal auf die Bühne bringen wollte. Zur Kulturhauptstadt 2010 war’s dann schließlich soweit. Das grausame Familiendrama vor dem Hintergrund des Libanonkrieges der 1970er Jahre, eigentlich ein Stoff für ein großes Ensemble, entwickelte sich im PRT zu einer (im Wortsinn!) Zimmerschlacht mit lediglich vier Schauspieler/innen Wolfram Boelzle, Anika Pinter, Bettina Schönenberg, Sebastian Thrun, die sich aber, um es ausnahmsweise mal platt auszudrücken, „die Seele aus dem Leibe spielen“.

„Iphigenie auf Tauris“

„Iphigenie“: Regisseurin Romy Schmidt frischte Goethes Klassiker modern, aber nicht modernistisch auf, wobei sie, was angenehm auffiel, die Wertschätzung vor dem großen, sprachlich so reinen Text nicht verleugnet, vielmehr noch betont. Auch wenn die sprudelnden Regieeinfälle etwas überhitzt ausfielen, waren/sind die sehr präsenten Akteure Katrin Schmieg und Tilman Meyn Gewährsleute für einen packenden Abend.

„Mad King“

„Der Idiot/Mad King“. Für viele Besucher war diese in einer traumschön-bedrohlichen Kulisse von der Direktrice höchstselbst besorgte Inszenierung zweier Opernstoffe von Henze und Davis, die in Kooperation mit den BoSy realisiert wurde, noch besser. Das surreale Spiel um zwei Wahngestalten aus der Literatur (Graf Myschkin aus Dostojewskis „Idiot“) und aus der Geschichte (der irre King George III. of England) geriet zu einem singulären Erlebnis; Stephan Ullrich (Myschkin) und Gavin Taylor (Mad King) waren schlicht famos.

Abschlag auf die Fördermittel

Diese Inszenierung ist leider nicht mehr zu sehen, was u.a. auch aus dem Folgenden erklärt werden muss. Denn das in der Regel hohe künstlerisch Niveau, das das PRT immer wieder erreicht, ist ja auch deshalb erstaunlich, weil in Weitmar das Geld keineswegs an den Bäumen wächst. Im Gegenteil: Das kleine Theater ist, wie dies gesamte freie Szene in Bochum, vom städtischen Sparzwang mit dem 10 %- Abschlag auf sämtliche Fördermittel ge- und betroffen. Auch wenn das Off-Theater damit denselben Zwängen unterworfen wird wie andere Kultureinrichtungen auch, so fällt doch auf, dass die städtische Wertschätzung verglichen mit der in 20 Jahren für Bochum geleisteten Arbeit überaus gering ausfällt. So wunderten sich nicht nur Theaterliebhaber, dass das Prinz Regent Theater in der 2010-Image-Broschüre der Stadt nicht mit einem Wort Erwähnung fand. Ob es Ignoranz oder bloß Vergesslichkeit war – das Eine macht das Andere nicht besser.

Nächste Premiere im Januar

Trotz solcher Widernisse ist die aktuelle PRT-Saison durchgeplant, im Januar wird die Bühnenfassung von Theo van Goghs „Das Interview“ als vierte Premiere folgen. Regie: Sibylle Broll-Pape. Vorfreude: angemessen. Erwartungen: hoch. Wie das so ist, wenn man sich in der Spitzengruppe festgesetzt hat. Gilt nicht nur für den Fußball, gilt auch fürs Theater.