Bochum.

Die mit dem Peter Weiss-Preis ausgezeichnete Künstlerin Rosemarie Trockel musste die Preisübergabe am 14. November krankheitsbedingt absagen. Ihre langjährige Vertraute Monika Sprüth nahm die Auszeichnung im Museum entgegen.

Niemand unter der Polit- und Kulturprominenz, die sich am Sonntagmittag im Museum eingefunden hatte, sprach es offen aus, aber ein bisschen enttäuscht war man doch: Rosemarie Trockel, der gestern der Peter Weiss-Preis überreicht werden sollte, hatte die Laudatio und den Festakt kurzfristig absagen müssen. Eine Erkrankung hielt die weltweit gefragte Künstlerin, die am Samstag 58 Jahre alt geworden war, von ihrer Reise nach Bochum ab. Aber natürlich wurde der mit 15.000 Euro dotierte Kunst-Preis der Stadt Bochum doch durch Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz verliehen. Monika Sprüth, Freundin, Galeristin und langjährige Vertraute der Künstlerin, nahm die Auszeichung an Trockels statt an.

Preisgeld gespendet

Sie dankte in deren Namen, und meinte, Trockel freue sich besonders darüber, dass der ideelle Anlass des Bochumer Preis sich auf das humanistische Engagement des Dichters, Malers und Philosophen Peter Weiss (1916-1982) beziehe. Auch Trockel verstehe sich als gesellschaftlich wache Künstlerin, weshalb sie das Preisgeld komplett an die Elterninitiative der Kinderklinik zu Gunsten behinderter und chronisch kranker Kinder spenden werde.

Humanistisches Engagement

Der Peter-Weiss-Preis wird seit 1990 alle zwei Jahre in den Sparten Literatur, Bildende Kunst, Theater und Film vergeben. Den Kunstschaffenden soll der Preis Ansporn und Förderung sein, ihre Arbeit im Sinne des humanistischen Engagements fortzusetzen, für das das Gesamtwerk von Peter Weiss („Die Ästhetik des Widerstandes“) beispielhaft steht. Unter Vorsitz von Kulturdezernent Townsend hatte die Jury Ende September Rosemarie Trockel als Preisträgerin 2010 für „Bildende Kunst“ gekürt – eigentlich war die Sparte in diesem Jahr gar nicht „dran“, aber angesichts des 50-jährigen Bestehens des Kunstmuseums hatte man sich so entschieden. Trockel ist in 20 Jahren erst die zweite Frau, die mit dem Preis geehrt wird.

Formale Präzision

In ihrer ausführlichen, sehr profunden Laudatio wies Prof. Dr. Beate Söntgen, Kunsthistorikerin an der Ruhr-Universität, nicht explizit auf diesen Umstand hin, aber auf den feministischen Aspekt, der die künstlerische Herangehensweise Trockels kennzeichnet. Sie nannte etwa die berühmten großformatigen Strickbilder, mit denen die Kölnerin in den 80er Jahren bekannt wurde. Das Stricken und die Strickarbeit – für gewöhnlich als Inbegriff tugendhafter fraulicher Hausarbeit abgetan - wird durch die künstlerische Überhöhung aus diesem überkommenen Assoziationsfeld heraus gehoben. Dieser Ansatz, der stets von formaler Präzision sowie ästhetisch und poetisch unterfüttert sei, führe zu „einer kritischen Wahrnehmung der aktuellen Lebenswirklichkeit“. Fragen der Zeit würden von Trockel nicht beantwortet, aber im Vertrauen auf die ästhetische Wirkung ihrer Kunst offen ausgestaltet, was zu einer immer stärkeren Verfeinerung der Fragestellungen führe.

Eine kleine, von der Künstlerin selbst zusammengestellte Kollektion von Arbeiten Rosemarie Trockels ist bis zum 15. Januar im Museum zu sehen.