Bochum.

Sie ist der Superfan: Andrea Rau hat den Starlight Express 825 Mal besucht. Langeweile kam in den 22 Jahren nie auf, sagt die Elektronikerin.

Beim ersten Mal hat’s ihr gar nicht gefallen. „Ich hab’ die Texte nicht verstanden. Und die Brücke hat nicht funktioniert.“ Andrea Rau versuchte es wenig später ein zweites Mal. Eine schicksalhafte Entscheidung. Der Funke sprang über. Seit 1988 hat es die Bochumerin auf 825 Besuche im Starlight Express gebracht. „Das“, vermutet Sprecherin Kirsten Zenker, „dürfte nicht nur für unser Haus in Bochum, sondern deutschlandweit ein Musical-Rekord sein.“

„Es ist schon Wahnsinn. Aber irgendwann wurde es zum Selbstläufer“, sagt Andrea Rau, wenn sie an den Beginn vor 22 Jahren zurückdenkt. Damals war es vor allem die Technik, die die Elektronikerin faszinierte. „Eine so aufwendige Show gab’s ja sonst nirgendwo.“ Immer wieder sonntags zog es die Dahlhausenerin zum Stadionring. Die Glitzerwelt bildete den perfekten Kontrast zum nüchternen Job bei Opel.

Immer Parkett, immer Reihe 8

Bald nahm Andrea Rau auch wochentags im Theater („immer Parkett, immer Reihe 8“) Platz. Ihre Bestleistung: sechs Shows in einer Woche. Die Karten besorgte sie sich bei einem Bekannten, der passenderweise eine Ticket-Agentur besaß.

„Nach einigen Monaten bemerkten die Darsteller, dass da immer die Gleiche sitzt“, schmunzelt Andrea Rau. Nach der Vorstellung wurde sie hinter die Bühne gebeten. Es war die Zeit, in der das Musical für die heute 41-Jährige ein Stück Familie, ein zweites Zuhause wurde. „Es entstanden wunderbare Freundschaften, etwa zum langjährigen ,Rusty’ Bernie Blanks oder zu ,Electra’ David Michael Johnson. Wir treffen uns noch regelmäßig im Cafè’ Treibsand.“

500 Darsteller hat Andrea Rau in den 22 Starlight-Jahren erlebt. Ihre eigene Schlagzahl hat sich kaum verändert. Bei rund 45 Shows im Jahr ist sie live dabei; das ist jede zehnte Vorstellung. Seit ihrem beruflichen Wechsel 2005 von Opel zum Wupperverband (hier kontrolliert sie zwölf Talsperren) ist freitags Starlight-Tag. Die Handlung birgt wahrlich keine Überraschungen mehr. „Langeweile kommt trotzdem nicht auf. Ich achte eher auf die Kleinigkeiten. Klappt die Technik reibungslos? Ist mit den Rollschuhen alles in Ordnung. Sitzen die Texte? Greaseball hat mal den Text vergessen und auf Englisch weitergesungen. Das hat kaum einer gemerkt. Ich schon.“

Verzicht auf Urlaub und größere Ausgaben

Jede einzelne Eintrittskarte sammelt Andrea Rau daheim in einem Nudelglas. Nicht nur der Starlight Express hat’s ihr angetan. Sie liebt auch andere Musicals. „Les Misèrables“ hat sie 135 Mal, „We will rock you“ 25 Mal gesehen. Insgesamt, schätzt sie, hat sie bisher 135 000 Euro für Musical-Karten ausgegeben. „Das ist mein einziges Hobby. Dafür verzichte ich auf Urlaub und größere Ausgaben. Ich bin alleinstehend, ungebunden. Womöglich gibt’s keinen Verrückten, der das mitmacht.“

Andrea Rau vergleicht sich mit Fußballfans: „Die rennen ja auch jede Woche ins Stadion.“ Kleiner Unterschied: In der Bundesliga kennt vorher niemand das Ergebnis. Anders im Starlight Express. Dort gewann in dieser Woche auch beim 825. Besuch von Andrea Rau die Dampflok Rusty. Und daran wird sich vermutlich auch bei den acht noch ausstehenden Besuchen des Superfans 2010 wenig ändern...