Bochum.

In dem Projekt „Next Generation“ entwickeln Jugendliche Ideen zur Zukunft des Ruhrgebiets – und bringen sie am 28. Oktober in Bochum auf die Bühne.

Wie geht es weiter an der Ruhr? Wie sieht das Ruhrgebiet, das sie neuerdings „Metropole Ruhr“ nennen, wohl in zehn Jahren aus? Welche Träume und Ziele hat die kommende Generation in Bochum, Essen, Duisburg und Herne? – Das sind (nicht nur) soziologisch interessante Fragen, aber man würde kaum erwarten, dass sie ausgerechnet an einem der renommiertesten Theater Deutschlands gestellt werden. Oder gerade doch? Für Thomas Laue, den Chefdramaturgen des Schauspielhauses, stellt sich die Frage nicht: „Ein Theater, besonders ein Stadttheater, ist kein losgelöster Planet der Kunst“, sagt er. Und: „Wir wollen mitten drin sein.“

Nach Bochum überführt

Das Theater müsse sich, um selbst lebendig zu bleiben, mit der Stadt, mit dem Umfeld, in dem es steht, auseinandersetzen. „Verbindungen herstellen, in die Städte hineingehen, Fragen stellen“ nennt Laue als Schlagworte. Und, vor allem, Menschen versuchen zu erreichen, die eben keine abonnierten Theatergänger sind, Jugendliche aus sog. Problemstadtteilen zum Beispiel. Vor dem Hintergrund solcher Überlegungen reifte das Projekt „Zukunftshäuser“. Beginnend in der Theaterzeit Anselm Webers in Essen, wurde das so ambitionierte wie auf Anhieb erfolgreiche „Theater trifft Straße“-Vorhaben nach dem Intendanten-Wechsel nun nach Bochum überführt.

Die Stadt neu erfinden

„Next Generation“ brachte zehn Teams in Duisburg-Marxloh, Essen-Altendorf, in Jugendhäusern des Essener Nordens, der UNESCO-Schule Essen, bei X-Vision in Wattenscheid, in den Azubi-Werkstätten des Bochumer Opel-Werks, der Ruhr-Universität, bei Renegade in Herne und in einem Wandermobil zwischen Essen-Werden und Bochum-Stahlhausen zusammen. „Hier könnten und können die Jugendlichen gemeinsam mit Filmemachern, Musikern, Theatermachern, politischen Bildnern und Wissenschaftlern ihre Stadt neu erfinden“, beschreibt Laue den Ansatz. Diese „vor Ort“ gewonnenen Ideen werden nun gemeinsam mit dem Regisseur Nuran David Calis auf die Bühne gebracht – die Premiere von „Next Generation“ am 28. Oktober in den Kammerspielen ist der Höhepunkt des gleichnamigen Projekts.

Bestandteil des Spielplans

Seit August wurde auf der Bühne am Ostring geprobt, aktuell toben die Jugendlichen, die jeden Morgen aus Duisburg, Herne, Essen etc. nach Bochum anreisen, durchs Schauspielhaus, wo die Abschlussproben stattfinden (siehe Artikel unten). Finanziert wie „Next Generation“ in Kooperation des Schauspiels Essen und des Schauspielhauses Bochum mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Ruhr.2010. Die Nachhaltigkeit ist natürlich auch in diesem Falle wichtig. „,Next Generation’ wird eine fester Bestandteil unseres Spielplanes sein“, sagt Thomas Laue. Am kraftvollen Drachenlogo in den Programmheften des Schauspielhauses kann man die Zukunft erkennen.

Termine:

Neben der Premiere des Stückes „Next Generation“ zeigen auch die verschiedenen Zukunftshäuser, was sie inzwischen erarbeitet haben.

X-Vison, die Wattenscheider Rapper, haben auf ihrer CD „This Is Germany“ neue Songs eingespielt, die sie bei einem Record-Release-Konzert am 12. November in den Kammerspielen live vorstellen werden.

Die Dokumentarfilmer Michael Loek und Ulrike Franke haben während der Finanzkrise ihr „Zukunftshaus“ in den Bochumer Opelwerken aufgebaut. Dort begleiteten sie Jugendliche während deren ersten Arbeitsjahres. Am 13. November wird die Doku in Form einer filmischen Installation präsentiert.

Renegade/Pottporus aus Herne waren bereits an der Produktion „Irgendwo“ zum Spielzeitauftakt beteiligt. Nun hat Regisseurin Patricia Noworol mit den Streetart-Künstlern das Tanztheaterstück „Es geht um sie“ entwickelt, das am 4. November mit der Choreographie „Circuits“ in der „Kammer“ gezeigt wird.

Studierende der Theaterwissenschaften machten die Ruhr-Uni zum Zukunfslabor. Sie entwickelten ein generationenübergreifendes Chorprojekt, Premiere ist am 13. Dez. in den Kammerspielen.

Ob es so etwas wie ein „Gedächtnis des Ruhrgebiets“ gibt, hat sich Mirjam Stunk gefragt. Ein Jahr lang zog sie mit einem Handwagen („Memo-Mobil“) durch die Region, sammelte Erinnerungen und Zukunfshoffnungen. Am 19. November, dem „Tag der Generationen“, wird Strunk ihr Gedächtnis-Labyrinth auf der Bühne des Großen Hauses installieren