Bochum. .

Andreas Risken steht hinter seiner gut gefüllten Auslage. Darin finden sich neben Brot und Brötchen auch Kuchen und Teilchen, selbst Spekulatius hat der Bäckermeister schon im Angebot. Doch davor steht niemand. Sein Geschäft liegt an der Castroper Straße.

Nur selten verirrt sich ein Kunde in Riskens „Backofen“, wie die Bäckerei, die seit 1937 existiert und von seinem Großvater gegründet wurde, heißt. Stammkunden sind mittlerweile höchstens die Bauarbeiter. Denn seit August sind Andreas Risken und seine Kollegen auf der Castroper Straße, zwischen Stadion und Harpener Hellweg, von Baustellen, Absperrungen und Umleitungen umzingelt. Unmittelbar nach dem Ende der U20 Frauen-WM hat die Stadt hier mit Kanalarbeiten begonnen, während die Bogestra die Gleise erneuert.

„Ich habe seitdem 35 Prozent weniger Umsatz“, klagt Risken, „sonst sind es zu dieser Jahreszeit 20 Prozent mehr, wegen des Vorweihnachtsgeschäfts.“

Die Castroper Straße ist zur Einbahnstraße geworden, die umliegenden Geschäfte sind aus Fahrtrichtung Innenstadt nur durch große Umwege zu erreichen. Eine Regelung mit Baustellenampel kam nach Aussage der Stadt wegen der Gefahr einer Überstauung nicht in Frage – die Baustelle ist schlicht zu lang für das hohe Verkehrsaufkommen.

Doch damit nicht genug, denn für Kunden aus Altenbochum ist Risken schier unerreichbar geworden, seitdem vor kurzem auch die Buselohbrücke, die ohnehin längst für den Schwerlastverkehr blockiert worden ist, nach einem Tagesbruch vollständig gesperrt werden musste. „Damit ist der ganze Stadtteil für mich uninteressant geworden“, sagt Risken. Denn selbst langjährige Stammkunden würden keine kilometerweiten Umwege in Kauf nehmen, um Brötchen zu kaufen.

Zu guter Letzt war Risken vom vergangenen Freitag bis einschließlich Dienstag fast komplett von der Außenwelt abgeschnitten, da Stadt und Bogestra im Kreuzungsbereich Harpener und Castroper Hellweg den Gleisbogen erneuerten und die Fahrbahn sanierten, weshalb die Castroper Straße nur noch von Gerthe kommend erreichbar war. „In diesen Tagen hatte ich 50 Prozent weniger Umsatz“, so Risken. „Das war das Schlimmste“, sagt auch Sigrid Güttmann-Walinski, Verkäuferin in der Fleischerei Drees. Am Montag benötigte sie selbst 25 Minuten länger, um zur Arbeit zu kommen. „Aber das war nicht so schlimm, hier herrschte gähnende Leere.“

Wenn es so weiter geht“, sagt Risken, der 25 Beschäftigte hat, „muss ich Leute entlassen.“ „Eigentlich wollten wir noch mehr einstellen“, sagt Riskens Frau Maren-Bettina. Doch das habe sich nun erledigt, derzeit lebten sie selbst von Rücklagen. Um nicht sämtliche Stammkunden zu verlieren, hat Risken einen kostenlosen „Baustellenservice“ eingerichtet, liefert seine Backwaren zwei Mal pro Woche im Umkreis von drei Kilometern mit dem Rad aus.