Bochum. .

Über zehn Jahre dauerte es von der Planung bis zur Fertigstellung, bis dass der Ahbach renaturiert und die alte Deponie Saure Wiese saniert ist

Ganz genau schaute sich Karl-Heinz Pohlmann die dekorativ angehefteten Pläne und Fotos an – alle nach dem Prinzip vorher-nachher. „Ja,“ sagt er nach einer Weile, „jetzt ist es hier optimal, alles super.“ Seid 40 Jahren wohnt er an der Ostfeldmark 1, den Ahbach, der früher immer nur ‘Köttelbecke’ hieß, kennt er genau. Nur knapp zehn Meter fließt er vor dem Haus. Neuer Bach, sanierte Kippe „Saure Wiese“, jetzt sei endlich alles optimal.

Viele Anwohner wie Karl-Heinz Pohlmann sind an diesem Freitagnachmittag ins Vereinsheim des TG 49 gekommen, um sich erzählen zu lassen, warum jetzt alles fertig ist und vor allem, warum es viel länger gedauert hat als anfangs vorhergesehen. Rund 24 Millionen Euro hat sich die Emschergenossenschaft die Kanalisierung des Schmutzwassers und die Renaturierung des Baches Kosten lassen. Grund genug, für Vorstandsvorsitzenden Dr. Jochen Stemplewski an diesem Tag selbst vor Ort zu sein: „Danke für ihre Geduld“, rief er seinen Zuhörern zu.

Und sie klatschten, haben offenbar verziehen, dass einige Häuser Risse bekommen haben, dass Lärm, Staub und Schmutz mehr als fünf Jahre lang ihren Alltag bestimmten. Die Emschergenossenschaft musste in dieser Zeit gleich mehrere Schwierigkeiten überwinden, das Werksgelände von Thyssen-Krupp musste auf über einen Kilometer Länge unterquert, ebenso die A40 und die Bahnstrecke gekreuzt werden. Jetzt fließt das Abwasser weitgehend geruchsfrei Untertage und der Ahbach soll künftig auf rund 2,8 Kilometern als sauberes Gewässer zum Verweilen einladen.

Für den zweiten Teil des Projektes nahmen Land und Stadt rund zwei Millionen Euro in die Hand. Die Sanierung der ehemaligen Stahlwerk-Deponie „Saure Wiese“, die von 1926 bis 1973 beschickt wurde, war ebenfalls ein Großprojekt. Dort gefundene Schwermetalle, Cyanide und PAK hatten sogar das Grundwasser erreicht. Als Eigentümer packten dies die Stad, die Emschergenossenschaft und die RWE gemeinsam an.

Auf 65 000 Quadratmeter entstand eine parkähnliche Fläche. Dafür mussten 45 000 Kubikmeter belasteter Boden entfernt und an anderer Stelle eingebaut werden. Beinahe 20 000 Bäume und Sträucher wurden gepflanzt, die das über Wege erschlossene Gelände begrünen sollen.

Irritationen durch RWE-Rückzug

Eigentlich wollte als Miteigentümer des Grundstücks, die Essener RWE, das Fest für die Bürger mitbezahlen und Vertreter nach Bochum schicken. Dem war allerdings nicht so.

Wie die WAZ erfuhr, sagte der Stromriese kurzfristig seine Teilnahme ab, die Emschergenossenschaft soll allein auf den Kosten sitzengeblieben sein. Ob dieser überraschende Rückzug damit zu tun hat, dass dem Konzern ausgerechnet das Fleckchen der alten Deponie gehört, auf dem zur Nazi-Zeit ein Zwangsarbeiterlager des Bochumer Vereins gestanden hat, ließ sich nicht klären.

Weder Thyssen-Krupp als Nachfolger des ehemaligen Besitzers Bochumer Verein noch RWE, soviel ist heute sicher, sind jedoch bereit, die rund 30 000 Euro zu bezahlen: für Erinnerungstafeln und ein Projekt des Künstlers Marcus Kiel.

Zur Zeit erinnern nur farblich markierte Flächen und Bepflanzungen an das Lager, in dem 1943 insgesamt 764 sogenannte Ostarbeiter und 280 weitere Ausländer untergebracht waren. Verschiedene Menschen versuchen daher, das Geld aufzubringen und finden die Absagen schlicht „beschämend“.