Bochum. Die St. Vinzentius-Kirche in Bochum-Harpen repräsentierte beim Night-Prayer-Projekt von Ruhr.2010 die evangelischen Christen im Ruhrgebiet.

„Ein solches Konzert haben diese alten Steine noch nicht so oft erlebt!“ Dr. Gerald Hagmann, der diese Worte am Dienstagabend nach einem fulminanten Konzert, viel Beifall und einer Zugabe spricht, muss es wissen. Schließlich ist er Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Harpen und an diesem denkwürdigen Abend zu Recht stolzer Gastgeber in seiner Vinzentius-Kirche am Kattenweg im Norden der Stadt. Stolz können Hagmann und die Gemeinde sein: auf das, was die gut 300 Besuchern in St. Vinzentius erfahren und erleben durften und darauf, dass diese kleine Dorfkirche von der Ruhr2010-GmbH ausgewählt worden war, beim Projekt „Night Prayer“ im Ruhrgebiet am Internationalen Friedenstag den evangelischen Glauben in zeitgleicher Präsentation von neun Religionen und Konfessionen vertreten zu dürfen.

Spiritualität und Schönheit - das waren die Vorgaben der Kulturhauptstadt-Macher für alle Beteiligten. In Harpen gelang das in einem atemberaubenden Dreiklang von Musik, Architektur und Liturgie, der die vierstündige Zeitspanne nicht lang werden ließ. Dabei half natürlich auch eine weltliche Pause vor der Kirche in den Zelten der Gastronomie Haus Kemnade bei Wein und Wasser, Vinzentius-Vesper und Brot: „Auch das gehört zum Protestantismus“, verriet Pfarrer Hagmann.

Gewaltige Klangpracht

Zurück den geistigen Genüssen: Das Konzert „Ein Vorgeschmack des Himmels“ entfaltete in der kleinen Kirche eine gewaltige Klangpracht - kein Wunder bei achtstimmigem Doppelchor, Kammerorchester und Generalbass. Unter der Leitung von Universitätsmusikdirektor Prof.Dr.Hans Jaskulsky (Ruhr-Universität) und Kirchenmusikdirektor Karl-Heinz Saretzki spielten und sangen die Instrumentalisten und Vokalisten „St. Vinzentius“ vom Altarraum und den beiden Emporen aus Werke der protestantischen Komponisten Schütz, Praetorius und Bach, aber auch der italienischen Katholiken Monteverdi und Gabrieli. Die launig-kundigen Erläuterungen von Jaskulsky waren hilfreiche Führungen. Tosender Applaus für den „Vorgeschmack des Himmels“.

Nach der Pause dann eine ganz andere Führung. Bei Kerzenschein stellte Presbyterin Christel Eglinski-Horst die St. Vinzentius-Kirche vor. Die Kirchenführerin brachte in ihrer sympathisch-persönlichen Art die Steine dieses Gotteshauses zum Reden, das auf über 1000 Jahre alten Grundmauern steht. Und so ging es durch die Jahrhunderte, die die Kirche immer wieder veränderten und deren Zeugnisse im Kirchenraum zu sehen sind. Nicht von ungefähr wird die St.Vinzentius-Kirche auch „Schatzkammer des Nordens“ genannt.

„Night Prayer“ in Harpen ging zu Ende mit dem Abendsegen, angelehnt an die Iona Community, die ökumenische Gemeinschaft in Schottland, die neue Gottesdienstformen entwickelt. Liturgisch geleitet von Pfarrer Hagmann und begleitet von Kirchenmusikdirektor Matthias Nagel (zuständig für Popularmusik im Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik Wuppertal) und dessen Frau Marianne an Keyboard und Orgel vollendete der Abendsegen den gedanklichen „Brückenschlag“ zu den anderen Glaubensgemeinschaften. Und als das letzte Lied „Der Mond ist aufgegangen“ verklungen war, stand der Mond draußen fast voll am Himmel.