Bochum. .

Neun Ruhrgebiets-Archive haben sich für das RUHR 2010.-Ausstellungsprojekt „Fremd(e) im Revier“ zusammengeschlossen. Ein im Klartext Verlag erschienener Begleitband vermittelt einen lebendigen Eindruck der verschiedenen Ausstellungen.

Miteinander der Städte. Nachhaltigkeit. Identität. Internationalität. Das sind Schlagworte, mit denen die Kulturhauptstadt Ruhr 2010 ihre Daseinsberechtigung stets orchestriert hat. Dass die Schlagworte keine leeren Hüllen bleiben, sondern sich mit Leben gefüllt haben (und immer noch füllen), das ist nach acht gelebten Monaten Kulturhauptstadt tatsächlich vielerorts zu erkennen. Sogar auf einem Feld, das gemeinhin nicht allzu sehr im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht: In den Stadtarchiven und stadthistorischen Instituten der Revier-Gemeinden.

Interkommunal

Die Archive zwischen Gelsenkirchen und Marl, Essen und Recklinghausen, Dinslaken und Bochum haben sich - erste Überlegungen reichen bis 2006 zurück - in einer Art konzertierter Aktion ins große von der Ruhr 2010 moderierte Spiel um Aufmerksamkeit eingebracht. Gemeinsamer Titel des interkommunalen Kulturhauptstadtprojektes: „Fremd(e) in Revier.“

Inhaltlich ähnlich

In Bochum ist, wie mehrfach berichtet, aus diesem Netzwerk-Gedanken und durch großen persönlichen Einsatz des Teams um Dr. Ingrid Wölk als der Leiterin des hiesigen Zentrums für Stadtgeschichte die Präsentation „Das Fremde und das Eigene“ zum Thema Zuwanderung in Bochum entstanden. Inhaltlich ähnliche Ausstellungen zu „Migration und Fremdsein“ wurden von Ruhrgebietsarchiven aus insgesamt neun Städten ins Werk gesetzt. Das gemeinsames Publikationsprojekt spannt einen thematisch weiten Bogen: Von den Fremden des Mittelalters und den Glaubens- und Revolutionsflüchtlingen der frühen Neuzeit über die Arbeitsmigranten des 19. und 20. Jahrhunderts bis hin zur heutigen Situation hier lebender Migranten wird kaum ein Aspekt ausgelassen.

Ruhrgebiets-Geschichte

Dabei wird immer auch ein Stück authentische Ruhrgebiets-Geschichte erzählt: Das Fremdsein und das Heimischwerden waren - übrigens bereits lange vor der Industrialisierung - essenzielle Erfahrungen, die viele Neubürger/Zuwanderer immer wieder gemacht haben - die Ruhr als „Melting Pot“, als Schmelztiegel der Nationen, der schließlich über die Distanz von 160 Jahre zur größten industriellen Ballungsregion Europas heranwuchs. Aber den umgekehrten Prozess der Ent-Fremdung gab es auch; ihn erlitten die jüdischen Bürger während der Nazi-Zeit.

Neben- und Miteinander

Die einzelnen Ausstellungen von mit ihren Themenschwerpunkten und Öffnungszeiten sind unter www.ruhr2010.de abrufbar. Einen guten Überblick gibt aber auch der Begleitband zu „Fremd(e) im Revier“, der jetzt im Klartext Verlag erschienen ist. Das opulent aufgemachte Buch vermittelt anhand zahlreicher farbiger Abbildungen einen Eindruck der neun Präsentationen. Beiträge von 25 Autoren untersuchen das Gegen-, Neben- und Miteinander von Fremden und Einheimischen im historischen Längsschnitt. Das hört sich jetzt eher trocken an, ist aber, wenn man sich darauf einlässt, ziemlich spannend. Denn es geht beim Thema ja um nichts anderes als unsere ur-eigene Existenz und unser Selbstverständnis als „Ruhris“.