Bochum. .

Der Schauspieler, Journalist, Kolummnist, Hörbuchsprecher und Schriftsteller Harry Rowohlt gastierte im mit gut 200 Besuchern besetzten Kulturbahnhof. Er plauderte und las.

Harry Rowohlt steht vor dem Bahnhof Langendreer und raucht eine Zigarette. Kurz darauf beginnt die Lesung. Rowohlt setzt sich an das Pult und erzählt zur Auflockerungen eine irische Zote. Das Publikum ist begeistert. Es ist diese familiäre Atmosphäre, die Rowohlts Lesungen ausmachen. Und Bochum ist auch ein kleines Zuhause für den literarischen Tausendsassa. Immerhin hat seine Mutter Maria Pierenkämper unter Saladin Schmitt am Schauspielhaus gespielt.

Das Episodenhafte

„Für das Wasserglas auf dem Tisch muss ich mich entschuldigen“, so Rowohlt. Seitdem er an Polyneuropathie erkrankt ist, herrsche für ihn strenge Ethanolkarenz. Ein harter Schlag für jemanden, der zum „Ambassador of Irish Whiskey“ ernannt worden ist. Nur noch vier Mal pro Jahr gönne er sich ein Gläschen. „Seitdem hab ich immer Angst, den Termin zu verpassen.“ Rowohlt erzählt und erzählt und hat noch nicht eine Zeile vorgetragen. Dem Unterhaltungsfaktor schadet das nicht. Es ist dieses Episodenhafte, von dem der Abend lebt.

Schließlich präsentiert er ein Kinderbuch, das er soeben übersetzt hat: „You’re a Bad Man, Mr. Gum!“ von Andy Stanton. Erzählt wird die Geschichte von dem bösartigen und verwahrlosten Mr. Gum, der seinen Garten tiptop hält, da ihm ansonsten die kleine Fee in seiner Badewanne mit der Bratpfanne eins überbügeln würde. Da ist sie wieder, diese ausladende Schrägheit, die das gesamte Übersetzungswerk von Harry Rowohlt durchzieht. Rowohlt krächzt und schnurrt dazu, so dass der gesamte Raum von seiner einnehmenden Stimme erfüllt ist.

Das Ausnahmetalent

Ein Ausnahmetalent sowohl als Übersetzer von über 160 Büchern als auch als Rezitator. Rowohlt ist der große Vermittler der irischen Literatur. Auch aus seiner Zeit-Kolumne „Pooh’s corner“ liest der Autor an diesem Abend und gewährt somit tiefe Einblicke in das konfliktreiche Leben eines Übersetzers. Über Leserbriefe ärgert er sich besonders.

Einmal warf ihm ein Kritiker vor, er habe das Thin-Lizzy-Zitat „the boy is back in town“ mit seiner Übersetzung „der Bube ist in der Stadt zurück“ nicht richtig erfasst. Worauf Rowohlt konterte: „Was soll ich tun? Ich muss übersetzen! Ich kann nicht Sandwich mit Sandwich übersetzen, sondern mit Klappstulle.“ Einfach herrlich. Langer Applaus.