Bochum.
Ärzte der Klinik für Plastische Chirurgie im Bergmannsheil verhalfen einem schwer brandverletzten afghanischen Jungen zu neuer Hoffnung - bald kann der kleine Ali Reza (10) wieder laufen.
Ali hat schwarze Haare, schwarze Augen und ein offenes, gewinnendes Lächeln – auf den ersten Blick sieht man dem vielleicht Zehnjährigen im Rollstuhl nicht an, was er durchgemacht hat: Ali Reza, der Junge aus Afghanistan, litt seit Jahren unter grausamen Verstümmelungen und Fehlstellungen beider Füße; als Kleinkind waren sie bei einem Benzinunfall schrecklich verbrannt. Nun hat ein Ärzteteam des Bergmannsheils Ali operiert – bald wird er wieder laufen können.
Verletzungen sind schon älter
Das Team um Prof. Dr. Hans-Ulrich Steinau, dem Direktor der Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte, machte das medizinische Wunder möglich. „Alis Verletzungen sind von einer Art, wie man sie in Europa nicht mehr zu sehen bekommt“, sagt Prof. Steinau. Der Chefarzt schätzt, dass die Verletzungen sechs bis acht Jahre zurück liegen könnten. Heute ist Ali möglicherweise elf Jahre alt, vielleicht ein wenig jünger, niemand weiß das so genau. „Aber die Vernarbungen und Deformationen sind schon älter, das ist deutlich zu sehen“, so Steinau.
Ali stammt aus Wardak, einer Nachbarprovinz von Kabul. Über die Hilfsorganisation „Friedensdorf International“ gelangte er ins Oberhausener Friedensdorf. „Wir arbeiten mit den Kliniken der Region zusammen“, sagt Friedensdorf-Sprecherin Heike Bruckmann, so kam auch der Kontakt zum Bochumer Bergmannsheil zu Stande. Als Spezialklinik für Schwerbrandverletzte erklärte sich das Hospital bereit, den Jungen kostenlos zu behandeln. „Es geht uns nicht allein darum, medizinische Erfolge vorzuzeigen, vielmehr wollen wir Werbung für das Friedensdorf und dessen Hilfen für Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten machen“, betont Prof. Steinau.
Amputation drohte
Wäre Ali nicht operiert worden, wäre die Prognose wohl auf eine Amputation beider Füße hinausgelaufen, vermutet der Chirurg. Die Verwachsungen waren so gravierend, dass es Ali als Erwachsenem nicht möglich gewesen wäre, das Gewicht seines Körpers auf den Stümpfen zu tragen.
Die Fotos sehen schlimm aus, die von Alis Versehrtheit gemacht wurden, als er in die Klinik im Ehrenfeld kam. „Das Ausmaß der Verstümmelungen war enorm“, sagt Prof. Steinau. Der linke Fuß war senkrecht am Schienbein festgewachsen, der rechte stark gekrümmt und mit dem Wadenbein verhaftet. Nach dem Brandunfall hatten sich durch das Zusammenziehen des Narbengewebes Knochen und Gelenke total verzogen. In drei mehrstündigen, kniffeligen Operationen haben die Ärzte im Bergmannsheil die Füße zurück in eine „normale“ Position gebracht. Um die Wundflächen abzudecken, wurden dem Jungen Haut aus der Rückenpartie und dem Oberschenkel entnommen. Für eine solche Operation gibt es in Afghanistan keinerlei medizinischen Möglichkeiten. „Selbst in Deutschland gibt es höchstens zehn Kliniken, die das Know-how für einen solchen Eingriff besitzen“, schätzt Prof. Steinau.
Noch drei Wochen im Krankenhaus
Vor fünf Wochen kam Ali ins Bergmannsheil, weiter drei Wochen muss er bleiben. Der Heilungsverlauf sei sehr gut, sagt Steinau; und auch wenn Alis Zehen unwiederbringlich verbrannt sind, so wird der Junge doch wieder selbstständig laufen können – und das ohne besondere Hilfsmittel.
„Das Schlimmste hast Du hinter Dir. Bald fliegst Du zurück nach Hause“, sagt der Doktor zu seinem kleinen Patienten. Eine Dolmetscherin übersetzt. Und Alis Augen strahlen.