Bochum. .

Hamme en miniature – idyllische Einfamilienhäuser säumen die Von-der-Recke-Straße, dahinter erstreckt sich ein sanft ansteigender grüner Hügel. Vier Auszubildende von Thyssen-Krupp haben die Deponie-Marbach nachgebaut mit niedlichen „Faller-Häuschen“ und Kunstrasen aus dem Modellbahn-Zubehörgeschäft.

Mehr noch, sie haben auch versucht, die Phasen des Aufbaus auf rund 35 Meter Höhe im Endzustand realistisch darzustellen. Das maßstabsgetreue Model war sogar mit einer künstlichen Sonne – eine starke Halogenlampe – ausgestattet, um am 21. Dezember, dem Tag des niedrigsten Sonnenstandes, den Schattenwurf durch die Deponie zu dokumentieren.

Als am Montagabend rund 100 interessierte Bürger im Verwaltungsgebäude von Thyssen-Krupp an der Essener Straße aufkreuzten und das Modell passierten, wollten einige gar nicht erst hineingehen: „Das wird doch eine reine Werbeveranstaltung“, so Gertrud Labusch, Sprecherin der Hammer Runde. Sie ging dann doch mit hinein. Viele rutschten unruhig jedoch auf ihren Stühlen, als Vorstand Dr. Jörg Beindorf von der globalen Herausforderung im Edelstahlgeschäft berichtete.

„Wir versuchen hier, vernünftige Kompromisse zu finden“

Professionell mit Beamer, sturmerprobter Moderatorin und einem Stab von Spezialisten hatte sich der Edelstahlhersteller vorbereitet. Der Ablauf war vorgegeben. Doch dieser Abend war mehr als die von einigen befürchteten PR-Aktion, obwohl er das natürlich auch war. „Wir haben ein großes Interesse daran, diesen Standort zu erhalten“, führte Beindorf aus. „Wir versuchen hier, vernünftige Kompromisse zu finden“, betonte er.

Er und seine Mitstreiter machten keinen Hehl daraus, dass es aus wirtschaftlichen Gründen keinerlei Alternativen, die Deponie Marbach zu betreiben, um dort Stahlwerksschlacke aus dem Bochmer Edelstahlwerk endzulagern. Werkleiter Hans-Henning Ballewski: „Diese Deponie ist ein Baustein unserer Strategie. Es geht nicht ohne Schlacke aber es ist unser Ziel, dass so wenig wie möglich anfällt und dort gelagert werden muss.“ Nach einer Stunde Vorträgen verloren die ersten Zuhörer die Geduld . Doch sie verpassten etwas.

In Kleingruppen stellten sich Vorstand und Werksleiter, Umweltbeauftragte und Stadtbaurat . Sie hörten zu, mussten heftige Kritik zulassen: „Ich bin sehr enttäuscht. Leider hat sich bestätigt, dass nicht nach Alternativen gesucht worden ist.“ (Detlef Hallmann) Oder: „Ich fordere Sie auf, in einen Dialog zu treten (Klaus Amoneit). Ein anderer warf ein: „Wer ersetzt uns den Wertverlust für unsere Häuser?“

Wenig Neues erfuhren die beiden Pfarrer Ludger Gerbens und Alfred Labusch am Dienstagnachmittag. Das Gespräch mit zwei Vorständen habe zwar in einer guter Atmosphäre stattgefunden. Jedoch: „ThyssenKrupp sieht aber im Standort Marbach ökonomisch und ökologisch die beste Lösung. Auch das Totschlagsargument ‘Arbeitsplätze“ kam wieder auf den Tisch“, so Pfarrer Labusch. Nach einem Brief an Berthold Beitz hatten die beiden Vorstandsmitglieder Hennig und Dr. Beinsdorf zu einem Gespräch direkt neben dem Stahlwerk eingeladen. Den Geistlichen war es wichtig, den Führungskräften von den Ängsten und Sorgen der Bevölkerung in Hamme zu berichten.