Bochum.
Vor 750 Gästen in der voll bestzten Jahrhunderthalle verlieh die Deutsche Phono-Akademie erstmals den Echo Jazz. Viel Prominenz aus Jazz und Kulturleben verliehen der von Till Bbrönner moderierten Veranstaltung Esprit.
Was für eine Hommage am Ende der Show! Das Junggenie des Pianos, Michael Wollny, ließ die Töne sprudeln und die neue, so einmalig internationale Stimme des deutschen Jazzgesangs, Céline Rudolph, hob an zu singen. „Mensch“ von Herbert Grönemeyer in einem virtuosen Arrangement - gespielt von einer All-Star-Combo aus Preisträgern des Echo Jazz - erklang in der Jahrhunderthalle.
Der musikalische Höhepunkt einer Show, die zuvor ihren emotionalen erlebte: Da erhoben sich die 750 Gäste, um Paul Kuhn zu applaudieren, der den Preis für sein Lebenswerk aus den Händen seines Freundes, Bandleaderlegende James Last, entgegennehmen durfte. Der war von Götz Alsmann wie das Kaninchen aus dem Zylinder präsentiert worden, um nach dessen unnachahmlich glänzender Laudatio den Preis an den 82-jährigen Kuhn zu übergeben.
Fly Me to the Moon
„Ich bin ja nicht mehr achtzig“, entschuldigte die Musik- und Fernsehlegende schlagfertig eine kleine Vergesslichkeit bei seiner Dankesrede, ließ es sich dann aber nicht nehmen, eine federleichte Version von „Fly Me to the Moon“ am Klavier zu zelebrieren.
Erstmalig wurden analog zum allgemeinen Echo und jenen der Sparte Klassik Preise für Jazzmusik ausgelobt. Und die Branche war nahezu komplett in die Bochumer Jahrhunderthalle gekommen, wo sie von OB Ottilie Scholz und dem Vorsitzenden der Deutschen Phono-Akademie, Prof. Dieter Gorny, begrüßt wurden. Dann übernahm Musiker Till Brönner als reiner Moderator: „Ich habe keine Trompete dabei. Ich hab Sprechstunde!“.
Glamour auf dem roten Teppich
Sogar der rote Teppich versprühte in dieser an Glamour eher ärmeren Musikdisziplin Atmosphäre. Etwa mit Sängerin Dee Dee Bridgewater, US-Sänger Curtis Stigers, der den Preis für den besten Sänger international entgegennehmen durfte, die scheinbar ewig junge Sängerin Helen Schneider oder eben „Paulchen“ Kuhn, der zudem die vielleicht schrägste Brille des Abends präsentierte. Laudatoren wie Uwe Ochsenknecht (für Klaus Doldinger, den er einst bei den Dreharbeiten zu „Das Boot“ kennenlernte), Hip-Hop-Star Sido, Rotschopf Piet Klocke oder der Klatsch-TV-Star Ralph Morgenstern lösten Blitzlichtgewitter aus.
Geburtstagsfeiern
Nach der Show feierten die Stars im Foyer ihre Preise und die Branche sich selber, zudem konnte der tapfere Moderator Till Brönner genauso in seinen Geburtstag hineinfeiern wie die Gattin von Paul Kuhn. Hier erzählte Céline Rudolph auch über ihr besonderes Verhältnis zu Bochum. Schon zweimal ist sie in der Christuskirche aufgetreten, sogar die Premiere ihres Projektes „Lisboa-Maputo-Berlin“ wurde hier in Bochum vorgestellt. „Das hatte eine ganz besondere Atmosphäre“, schwärmt sie. Doch auch die Jahrhunderthalle habe es ihr angetan. Sie sehe im Nebeneinander von alten Wänden und Rost und der heutigen modernen Nutzung eine Metamorphose. Und „Metamorflores“ heißt schließlich ihr hier ausgezeichnetes Album.
Kritische Stimme
Doch auch kritische Stimmen ließen sich vernehmen. Georg Graewe, Gründer des legendären Grubenklangorchesters, heute Dozent am Jazz-Institut Berlin und Veranstalter einer Jazz-Reihe zur Kulturhauptstadt, meinte ironisch, „Gut, dass ich kein Jazzmusiker bin.“. Als Vertreter der europäischen Moderne und der Jazzavantgarde fühlte er sich hier zwischen den vielen gefälligen und an Pop grenzenden Spielarten etwas Fehl am Platze.
Insgesamt aber ein großes Fest, das einmal mehr von der grandiosen Location getragen wurde.