Bochum. .
In Bochum gibt es in diesem Frühling weniger Bienen als in den Vorjahren. Liegt dies an dem langen Winter oder sind andere Einflüsse daran Schuld? Die WAZ unterhielt sich mit zwei Fachkräften über die möglichen Gründe.
Scheint die Frühlingssonne, summen die Bienen um die Wette. Doch ihr Summen tritt immer seltener auf. Denn die Anzahl an Bienenvölkern ist laut Experten leider zurückgegangen. Auch in Bochum gibt es in diesem Frühling weniger Honigproduzenten.
„Die Zahl der Bienenvölker ist in Bochum um circa zehn Prozent gesunken“, sagt Andreas Le Claire, Imkermeister und Vorsitzender des Bochumer Kreisimkervereins. Zum Vergleich: Ein Verlust von ungefähr fünf Prozent gilt für den Experten als normal. Obwohl die Zahl der toten Bienenvölker höher ist als im vergangenen Frühling, sind die fleißigen Insekten andernorts sogar noch schlechter dran. Der Bundestrend dürfte in diesem Jahr bei „minus 20 bis 30 Prozent“ liegen, schätzt der Imkermeister. Und er vermutet: „Wahrscheinlich war der Verlust noch nie so hoch“.
Die Vermutung liegt nah, dass die scheinbar zarten Insekten den eisigen Temperaturen im Winter zum Opfer gefallen sind. Dass kranke oder schwache Populationen den Winter nicht überleben, ist für Ruhr-Uni-Biologin und -Imkerin Dr. Pia Aumeier nichts Ungewöhnliches. „Natürliche Selektion“ lautet ihre Erklärung. Und selbst bei gesunden Völkern sei es normal, dass im Winter jeden Tag Bienen sterben. „Die westliche Honigbiene ist schon seit Jahrmillionen den mitteleuropäischen Winter gewohnt, sie hat sich darauf eingestellt.“ Im Winter leben in einem Volk nur 5000 bis 10 000 Bienen, im Mai schon bis zu 35 000.
Gegen die Varroamilbe „ist unsere Biene völlig hilflos“
Eine Gefahr hingegen sieht die Biologin in der Varroamilbe. Gegen den 1976 aus Südostasien eingeschleppten Parasiten „ist unsere Biene völlig hilflos“, sagt Aumeier. Weil das Insekt sich nicht wehren kann, liegt die Bekämpfung der gefährlichen Milbe am Imker. Auch Le Claire sieht den Parasiten als eine von zwei Hauptursachen für das Bienensterben. Darüber hinaus macht der 51-Jährige den Menschen für den Verlust verantwortlich. „Viele Imker sparen an der Zuckerlösung“, klagt er. Der süße Stoff dient den Insekten im Winter als Ersatz für ihren geernteten Honigvorrat.
„Kommt es zu einer späten Frostperiode, hängen die Tiere auf durchgezehrten Waben, müssen verhungern“, bedauert Le Claire.
„Stirbt im Winter ein Volk, liegt der Verlust bei circa 120 Euro“
Ein Verlust der emsigen Tiere ist übrigens gleich unter mehreren Aspekten teuer. „Stirbt im Winter ein Volk, liegt der Verlust bei circa 120 Euro“, sagt Aumeier. Von der ausgefallenen Honigernte ganz abgesehen. Doch den größten Wert hat die Arbeit der Bienen. Le Claire schätzt ihren volkswirtschaftlichen Nutzen auf einen „zweistelligen Milliardenbereich“. Es gibt sogar Gebiete in Deutschland, in denen sich Landwirte für ihre Rapsfelder Bienen bei Imkern leihen.
In Bochum und Umgebung haben dies die Bauern – noch – nicht nötig. Denn trotz der gestorbenen Bienenvölker ist Bochum derzeit mit geschätzten 1400 Bienenvölkern und laut Le Claire „acht Bienen pro Quadratmeter eines der dicht besiedelsten Gebiete in NRW“.