Bochum..


1985 eröffnete im damals in der Entstehung begriffenen Kneipenviertel Bermudadreieck der Intershop. Friedhelm „Lobo“ Kerskis Eckkneipe mit den exorbitanten Öffnungszeiten ist heute eine Legende.

Kneipenlegende, Institution, Dinosaurier: Wer vom Intershop spricht, tut das ehrfürchtig. Das hat seinen Grund, denn seit einem Vierteljahrhundert ist Friedhelm „Lobo“ Kerskis Kneipe ein Grundpfeiler des Bermudadreiecks - und währenddessen nicht einmal alt geworden.

Der „Shop“ hat 365 Tage im Jahr bis fünf Uhr, am Wochenende oft bis sieben oder acht auf. Schon allein dank dieser Öffnungszeiten zieht er besondere Gäste an. Jene internationale Gemeinschaft der Nighthawks; diejenigen, die noch Durst haben, wenn die Stadt schläft. Hier hängen James Cagney, Miles Davis und Iggy Pop an den Wänden, keine schlechte Gesellschaft für den Absacker, den Ausklang der Nacht oder das schlichte, doch entschlossene „Ich will einfach noch nicht nach Hause“.

Und so versammeln sie sich: Theatermacher nach der Probe oder der Premiere, Intellektuelle und Künstler, die Inspiration suchen und vor allem nicht früh aufstehen müssen, vorlesungsfreie Studenten, alleinreisende Vertreter und Tagungsgeschädigte, der Professor, der als so ziemlich einziger dem Wein hier zuspricht, Fußballfans und Kickersportler, Musikfreunde, die sich am stets inspirierten Rock-Soundtrack erfreuen und Jedermann, weil hier so ziemlich jeder willkommen ist. Denn selbst Macken, die anderswo schwerlich toleriert werden, gehen hier gerne als Individualismus durch.

1985 schloss das „Gatz“ hier nach einem Jahrzehnt ab, und drei Gesellschafter gründeten den Intershop . Benannt nach der Einzelhandelskette der DDR, in der nur mit Devisen eingekauft werden konnte. Nach einem mauen ersten Jahr holte man den Szenegastronomen Kerski ins Boot. Der gelernte Elektromeister hatte lang im „Spektrum“ am Nordring gearbeitet und brachte den Erfolg mit. „Das Rezept dafür verrate ich nicht!“, sagt der lange Hans-Albers-hafte Schlaks heute. Schnell schon kam das zweite Zimmer dazu, das hatte sich Kerski im Morgengrauen überlegt, kurz darauf wurde jeweils ab 3 Uhr morgens mit dem Personal zusammen die Mauer durchbrochen und der zweite Raum gestaltet.

Während rund um den Shop und den anderen Kneipenurgesteinen Mandragora, Pinte und Brinkhoffs das Bermudadreieck heranwucherte, blieb die leicht düstere Eckkneipe mit Neoncharme und Chromelementen immer das gravitätische Zentrum. Wer sich in den Mahlstrom der Vergnügungsmeile begab, der landete bald und meistens abschließend hier. Darunter gerne die Lokalprominenz: Schauspieler Ingo Naujoks - er heiratete dann auch folgerichtig eine Kellnerin - oder Regie-Berserker Jürgen Kruse, der auch hier seine Sonnenbrille nicht abnahm.

Geschichten ohne Ende gibt es zum Shop: Das am Tresen vergessene Holzbein, der nackte Schwarze mit dem Messer, die Exibitionistin im Babydoll oder das Strip-Kicker -Duell. Alle so wahr und so falsch wie die morgendlichen Erinnerungen an eine durchzechte Nacht.

Auch das Schlachtschiff Intershop wendet sich dem Zeitgeist zu. Live-Konzerte, DJs am Wochenende und Fußballübertragungen gehören nun zum Alltag einer Gastronomie, die früher nur mit Pils und Persönlichkeit lief.

Doch abseits davon ist und bleibt der Shop nur da ganz der Shop, wenn die Morgendämmerung durch die Lammellen kriecht und der Ausruf „Letzte Runde“ Wehmut auf den Gesichtern der am Tresen sitzenden Gäste auslöst.