Bochum.

Ein Familiendrama nach einer Erbschaft von 60 000 Euro wurde jetzt am Schöffengericht aufgearbeitet, rein strafrechtlich. Auf der Anklagebank musste eine 75-jährige Rentnerin aus Bochum Platz nehmen. Vorwurf: Untreue.

Eine 75-jährige Rentnerin aus Bochum musste sich jetzt vor dem Schöffengericht verantworten. Ende 2008 hatte ihr mittlerweile verstorbener Ex-Mann die 60 000 Euro der gemeinsamen Enkeltochter vererbt. Zu dieser Zeit war die 75-Jährige bereits Vormund für das damals 13-jährige Kind. Der Grund: Der Kindesvater war vor vielen Jahren mit einem Auto tödlich verunglückt und die Kindesmutter überhaupt nicht mehr belastbar, wie es hieß. Schon im Krabbelalter lebte das Kind bei der Oma.

Nach der Erbschaft an ihr Mündel hob sie dann aber zwischen Januar und Juni 2009 heimlich vier Mal einen hohen Geldbetrag von dessen Girokonto ab, zwischen 2900 und 34 000 Euro in bar. Anders als vom Vormundschaftsgericht angeordnet zahlte sie das viele Geld aber nicht wieder auf ein mündelsicheres Sparkonto ein, sondern verwendete es laut Anklage nach eigenem Belieben. Deshalb musste die Großmutter in ihrem Alter nochmal den bitteren Gang vor den Strafrichter antreten. Sie erschien, wohl wegen eines frischen Sturzunfalls, in einer Art Jogginghose, am Arm geführt von ihrem Verteidiger.

„Ich habe das Geld in einen Safe gelegt“

Vor Gericht meinte sie: „Ich habe das Geld in einen Safe gelegt.“ Bei sich zu Hause. Mehrere tausend Euro habe sie dann an ihre Tochter und ihren Sohn vermacht (als eigenmächtig festgesetzten Pflichtanteil aus dem Erbe), und den anderen Teil für ihre Enkeltochter ausgegeben. Belege sind aber höchst unvollständig oder „dreist“, wie Richter Dr. Axel Deutscher meinte: Einem Beleg zufolge nahm sich die Großmutter aus dem Erbe monatlich 400 Euro als Mietkosten heraus, obwohl das Mädchen ja mietfrei bei ihr wohnte.

Als das alles aufflog, übertrug ein Familiengericht die Finanzhoheit für das Mädchen an eine Rechtsanwältin. Die Großmutter reagierte sehr böse: Sie überzog die Anwältin mit Strafanzeigen, wie es im Prozess hieß. Trotz der finanziellen Entmachtung blieb die 75-Jährige aber Vormund. Und das Kind lebt weiter bei ihr. Das Verhältnis sei gut, meinte sei. Nur: „Ab und zu ist Zickenalarm.“

Möglicherweise wird die Angeklagte jetzt aber gar nicht verurteilt. Vor dem Strafgericht erklärte sie sich bereit, alle Strafanzeigen zurückzunehmen, eine Rechnungsübersicht zu erstellen und den Rest aus den 60000 Euro für das Kind herauszurücken. Das seien aber nur 1000 Euro, sagte die Großmutter zum Richter. „Sie können ja gucken kommen.“ Vor dem Prozess sind bereits 28 000 Euro zurückgeflossen. Es fehlt also noch ein ganzer Batzen.

In ein paar Monaten beginnt der Prozess dann erneut. Dann vielleicht ohne Strafe.