Bochum. .
Die ersten Schwalben, das mithin größte Sinnbild für den so sehr ersehnten Frühling, werden wegen des langen Winters länger auf sich warten lassen. Aber auch andere Zugvögel kommen in diesem Jahr später in den Raum Bochum.
Der heimische Vogelkenner Thomas Griesohn-Pflieger ist gespannt, ob die aus ihrem Winterquartier in Afrika kommenden Schwalben, die normalerweise Ende März/Anfang April zum Brüten zu uns fliegen, diesmal überhaupt in den Raum Bochum kommen. „Wenn hier Minusgrade herrschen , kommen die nicht. Die werden am Mittelrhein wieder umkehren. Sie fangen nur fliegende Insekten. Ich habe aber noch keine Fliege gesehen. Ich habe auch noch keinen Zitronenfalter gesehen.“
Bereits Ende Februar hat der Ornithologe einige Kraniche gesehen. „Aber sonst ziehen mehr durch.“ Rund 70 000 Kraniche würden zurzeit noch in Mittelfrankreich mit dem Weiterflug warten. Und auch Feldlerchen seien noch nicht da. Das Gleiche gelte für Kibitze, die nach Nordosteuropa ziehen. „Eigentlich müsste man hier einen Durchzug haben von vielen hunderten. Aber die sieht man jetzt nicht, nur einzelne wenige.“ Oder die Buchfinken: „Hier ist es so kalt, da ziehen sie wieder zurück.“ An die Atlantikküste oder den Ärmelkanal.
„Ich warte stündlich“ auf den Zilpzalp
Gespannt sei er auch auf den kleinen, nur wenige Gramm schweren Zilpzalp. Der müsste schon hier sein und vor dem Balkon herumtoben. „Ich warte stündlich darauf.“
Doch der Ornithologe weiß auch Schönes zu berichten: Bachstelzen und Singdrosseln sind schon da, an der Ruhr etwa und in der Stadt. „Die haben ihre Brutreviere bereits besetzt. Die wollen zur Tat schreiten.“ Außerdem sagt Griesohn-Pflieger: „Wenn man das Fenster aufmacht, hört man schon Amseln singen.“
Professor: „Die Vögel, die hier geblieben sind, haben eine schwere Zeit“
Der Zoologe Prof. Dr. Ralph Tollrian, Inhaber des Ruhr-Uni-Lehrstuhls für Evolutionsökologie und Biodiversität der Tiere, schätzt, dass sich die Ankunft der Schwalben wegen des langen Winters „nur um ein paar Tage verschieben“ wird. Die Vögel reagierten relativ flexibel auf Klimaschwankungen. Unterwegs, auf ihren langen Flugwegen, würden sie sich an den jeweils herrschenden Temperaturen und damit am Nahrungsangebot orientieren. Wenn es kalt sei, zögen sie langsamer und machten Pausen. Das gelte etwa auch für Grauschnäpper und Gartenrotschwänze. „Durch die Klimaerwärmung ziehen viele Vogelarten aber nicht mehr so weit wie früher. Einige Vögel ziehen gar nicht mehr. Die Vögel, die hier geblieben sind, haben durch den langen Winter eine schwere Zeit“, sagt Tollrian. Der relativ harte Winter aber werde das Gleichgewicht der Natur „nicht durcheinander bringen“.
Vogelkenner Griesohn-Pflieger hat übrigens einen Tipp für alle Naturfreunde: ab an den Kemnader See! Er sei für „massenhaft“ Tiere ein Winterquartier. „In einer Vielfalt, wie man sie selten erlebt hat. Der See ist landesweit Ziel für Vogelbeobachter in diesem Winter.“ Zwergsäger, Bergenten, Ohrentaucher - alle seien sie dort zu sehen. „Es lohnt sich, am See mit Fernglas spazieren zu gehen.“
Auch Kröten kommen später aus ihren Löchern
Auch die Erdkröten in Bochum kommen wegen des ungewohnt langen Winters „etwas später“ aus ihren Löchern. Das sagte Stadtförster Marcel Möller der WAZ. Die Wanderung beginnt ab vier Grad Celsius. „Optimal wären fünf bis zehn Grad und ein bisschen Regen. Dann geht es richtig los, dann laufen die.“ Die Kröten überwintern im Laubstreu und in natürlichen Höhlen. Im Schnitt drei Kilometer weit laufen sie zu ihren Laichgewässern.
Zum Beispiel an der Blankensteiner Straße, Höhe Kosterbrücke, stehen schon Zäune, damit sie nicht überfahren werden.