Bochum.

Günter Grass ist im Herbst in Bochum zweimal zu Gast. Mit der Theaterversion der „Blechtrommel“ und mit der Lesung seines neuen Buches.

Es ist schon einige Jahre her, dass Günter Grass in Bochum zu Gast war. Damals las er im Schauspielhaus aus seinem Indien-Tagebuch „Zunge zeigen“. In diesem Herbst hat das Publikum gleich zweimal Gelegenheit, das Werk des großen Autors nicht nur zwischen Buchdeckeln kennen zu lernen, sondern auf der Bühne oder durch den Autor höchstselbst.

Lange hatte sich Günter Grass gegen eine Verfilmung seines sensationellen Debütromans „Die Blechtrommel“ gewehrt. Produzenten und Regisseure liefen ihm jahrelang die Tür ein, doch der Autor blieb hart. Erst Volker Schlöndorff traute er zu, die phantasiegesättigte Fabel um Oskar Matzerath überzeugend ins Filmische zu übersetzen. Und Grass lag richtig mit dieser Vermutung: Der Film wurde zu einem internationalen Erfolg, gewann einen Oscar und wurde mit der Goldenen Palme von Cannes ausgezeichnet. Mit David Bennent war für die Rolle des aufmüpfigen Buben Oskar ohnehin die Idealbesetzung gefunden worden.

Dramatisches Oratorium

Wie schon bei einer möglichen Filmversion verhielt sich Günter Grass zunächst reserviert, wenn ein Regisseur „Die Blechtrommel“ für das Theater einrichten wollte. Nun, schließlich war Günter Grass dann doch damit einverstanden, Oskar dem Theater zu überantworten.

Armin Petras, seines Zeichens Regisseur, Autor und Intendant des Maxim-Gorki-Theaters in Berlin, begann, die „Blechtrommel“ für die Bühne zu adaptieren. Wie ersten Informationen zu entnehmen ist, ist allerdings mit keinem prallen Schauspielertheater zu rechnen, das es womöglich mit der Filmversion aufnehmen möchte.

Angekündigt wird das „dramatische Oratorium einer kollektiven Erzählung“. Für die Inszenierung zeichnet Jan Bosse verantwortlich, dessen Deutung von Ionescos „Die kahle Sängerin“ in den Kammerspielen noch in guter Erinnerung ist.

Abstruse Welt der Erwachsenen

Am Mittwoch, 8. September, hat „Die Blechtrommel“ in der Petras-Fassung im Rahmen der Ruhr-Triennale in der Jahrhunderthalle Premiere. Siegfried Lenz schrieb einmal über die Figur des Oskar Matzerath: „Sein augenöffnender Infantilismus entlarvt die abstruse Welt der Erwachsenen. Trommelnd führt er den Irrwitz der Zeitgeschichte vor.“ Man darf gespannt sein, was von solchen Absichten auf der Triennale-Bühne zu sehen sein wird.

Dan kommt der Meister selbst: Günter Grass wird am 27. Oktober auf Einladung der Literarischen Gesellschaft im Schauspielhaus gastieren. Grass liest aus seinem neuen Buch „Grimms Wörter“. Der Autor erzählt darin das Leben der Brüder Grimm auf einzigartige Weise als Liebeserklärung an die deutsche Sprache und die Wörter, aus denen sie gefügt ist.

Spielerisch-virtuos spürt „Grimms Wörter“ dem Reichtum der deutsche Sprache nach und durchstreift die deutsche Geschichte seit der Fürstenherrschaft und den ersten Gehversuchen der Demokratie. Von der Vergangenheit mit ihren politischen Kämpfen und ganz alltäglichen Sorgen schlägt Günter Grass manche Brücke in seine eigene Zeit. Der Steidl-Verlag, in dem das Buch erschienen ist, schreibt dazu: „Grimms Wörter nimmt Sie mit in eine Zeit, in der Bücher noch handwerklich produziert wurden.“

Die Lesung mit Günter Grass gehört im übrigen zu einer Veranstaltungreihe des Literaturbüros Ruhr in Gladbeck: Darin wird unter dem Titel „Mehr Licht!“ die Europäische Aufklärung weiter gedacht.