Bochum.

Ein Jahr Rottstr5-Theater: Intendant Arne Nobel zieht in einem Gespräch Bilanz und träumt immer noch von etwas Geld für sein Off-Theater .

Wir sind keine Laienbühne, wir sind besser als manches Stadttheater!“. Arne Nobel gibt sich nicht bescheiden, wenn er nach dem Status seines Theaters unter dem Bahndamm gefragt wird. Er hat derzeit auch keinen Grund zu Bescheidenheit, wurde doch seine Off-Bühne bei Kritikerumfragen zuletzt gut bedacht.

„Große Themen, tolle Bilder gehen auch in unserem kleinen Bunker“, sagt er, „auch ohne Drehbühne und Lichtpult.“ Der Zuschauerzuspruch scheint ihm Recht zu geben. Besonders die Inszenierung „Fight Club“ von Oliver Thomas ist derzeit ein Renner.

Das Theater trage sich jetzt nach einem Jahr Existenz über die Zuschauerzahlen. Doch auch da ist der ewige Schatten der freien Szene nicht weit. „Wir sind trotzdem immer pleite“, gibt er zu Protokoll und träumt von einem Zuschuss von 1000 Euro im Monat, um „keine schlaflosen Nächte mehr zu haben“. Doch obwohl Kulturdezernent Michael Townsend „ein Fan“ sei, wäre aus der Richtung nichts zu erwarten.

Fast 20 Premieren

Doch was hier basierend auf Spenden, Eintritt und Selbstausbeutung auf die Bühne kam, war beachtlich. Hatten die Macher anfangs noch mit sechs bis acht Aufführungen im Monat kalkuliert, liege der Schnitt derzeit bei fast 20 Abenden. Genauso viele Premieren hat das Haus über das Jahr zu verzeichnen, darunter viele Uraufführungen. „Das Konzept ‘gute Darsteller, gute Texte’ hat sich bewährt“, sagt Nobel.

Dabei setzte das Rottstr5-Theater auf Newcomer und junge bewährte Kräfte aus dem Schauspielhausumfeld. Ensemble-Mitglieder der Goerden-Ära gaben sich die Klinke in die Hand und werden auch weiterhin zu Stützen zählen: So verzeichnete Michael Lippold hier ein wunderbares Regiedebüt mit dem „Der Disney-Killer“ mit unter anderen Marina Frenk und Marco Massafra. Viele Fans zogen auch die Liederabende von Andreas Bittl und Dagny Dewaths Sylvia Plath-Solo.

Troja-Trilogie

Ästhetisches Kernstück des Hauses ist aber die Troja-Trilogie. Eine wild wuchernde Bearbeitung des Mythos, ein gewagter aktueller Genremix aus Versatzstücken jeder Form von (populärer) Kultur, der von schillernden Darstellerleistungen getragen wird.

Warum spielen diese guten Leute hier ohne Gage? „Die wollen spielen“, sagt Nobel, denn „bei uns gibt es nur große Rollen“. Sie könnten Theatermacher einladen, statt überall vorzusprechen, nennt Nobel einen Vorteil.

Der neuen Intendanz an der Königsallee sieht Nobel freudig entgegen. Einerseits laufe dort seine „Johnny Cash“-Inszenierung weiter, zum anderen möge er jeden neuen Anfang. Dass einige der tragenden Kräfte des Rottstr5-Theaters dort nicht mehr engagiert sind, sei sogar positiv, die hätten dann mehr Zeit. Eine, die dort aber immer noch engagiert ist, gibt am Samstag ihr Schauspiel-Debüt im Off-Theater: Maja Beckmann spielt unter der Regie von Kathrin Lindner zusammen mit Alexander Maria Schmidt „Il Postino“. Nur einer von 15 Abenden im August in der vermeintlich so theaterfreien Zeit.

Kommende Projekte:

Angry Young Man“ heißt eine Reihe, die Klassiker auf Monologe eindampft. Schnell und hart inszeniert gibt es am 27. August „Richard III“ von Shakespeare und am 28. August „Furious Angels“ in der Regie von Co-Intendant Hans Dreher.

Strindbergs „Fräulein Julie“ steht im September auf dem Plan, mit Andreas Bittl, Dagny Dewath und Leslie Higl.

Fernere Produktionen wollen Mythen aufrollen: Kurt Cobain, Jim Morrison und Sid & Nancy stehen auf der Agenda. Und Anfang 2011 will sich das Theater den Nibelungen zuwenden. Allerdings wohl ganz anders als auf dem grünen Hügel in Bayreuth.