Bochum. .
Tierischer Einsatz in der Nähe des Uni-Campus’: Zuerst hatten die Studenten ein auffälliges Kratzen in einem Kamin im Lottental gehört. Sie rätselten, dachten an eine verirrte Ratte. Falsch getippt.
Es war keine Ratte und auch nicht der Weihnachtsmann, der sich hier womöglich den Sommer über versteckt hielt. Als die Studenten eine Klappe am Boden des Schornsteins öffneten, blickten sie auf zwei große Vogelfüße mit scharfen Krallen. Sie gehörten zu einem Uhu, wie sich später herausstellte. Der Rest des Tieres war nicht zu sehen. Was aber schon jetzt klar wurde: Der Vogel hatte sich einen wirklich unbequemen Platz ausgesucht. Der Kamin befindet sich auf einem stillgelegten Gelände neben der Grünen Schule. Riesengroßes Glück hatte das Tier, dass sich einige Studenten der benachbarten Hochschule zufällig hier aufhielten.
Sie verständigten die Polizei und die wiederum die Bochumer Tierrettung. Ein Mitarbeiter dieser Tierrettung befreite den eingeklemmten Vogel aus seiner misslichen Lage und zog ihn zurück ans Tageslicht. So etwas hatte er noch nie gesehen: Ein Uhu, der durch den kompletten Kamin durchgerutscht sein musste. Entsprechend sah er aus: Die Federn, rabenschwarz. Der Uhu hatte unfreiwillig den Kamin gefegt und dafür, anders als ein Schornsteinfeger, keinen Besen benutzt.
Der Mann für solche Fälle ist Thorsten Kestner. Er leitet die Vogelstation Paasmühle in Hattingen. „Ich habe bis zuletzt nicht geglaubt, dass mir wirklich ein Uhu gebracht wird“, sagt er. Es käme häufiger vor, dass Waldkäuze in Kamine fallen, „besonders im Winter, wenn sie sich dort ihren Hintern aufwärmen wollen und abrutschen“. Dieses Mal war alles anders: Es passierte mitten im Sommer, es war kein kleiner Kauz, sondern ein rund 75 cm großer Uhu. Und seinen Hintern hat er sich wohl kaum wärmen wollen. Der wurde höchstens durchs Durchrutschen heiß.
„Das war mein erster Uhu aus einem Kamin“, sagt der Hattinger, der häufig zu Rate gezogen wird, wenn Greifvögel, Wasservögel oder andere komplizierte Vögel hier in der Gegend verletzt gefunden werden. „Der Uhu war erstaunlicherweise in einem recht guten Zustand. Er konnte sich noch nicht lange in dem Kamin aufgehalten haben, vielleicht einen Tag lang“, sagt Thorsten Kestner. Jedenfalls gönnte er dem durch und durch verrußten Fund eine intensive Vollwäsche: Augen spülen,das Tier in einer großen Voliere trocken stellen und dann auf den Förster warten, denn für den größten Teil der Waschaktion wurden vier kräftige Hände benötigt, um den nicht gerade begeisterten Vogel zu bändigen: Mit einem Kompressor pustete der Vogel-Experte den schwarzen Staub aus dem Gefieder. Danach wurde er noch gründlich gewaschen: „Das Wasser war schwarz vor lauter Ruß.“ Dafür war der Uhu nun endlich wieder als solcher zu erkennen. Er sah aus wie neu.
Nach seinem unfreiwilligen Tagespraktikum als Kaminkehrer fand der Uhu jedenfalls schnell wieder zu seiner eigentlichen Rolle zurück: „Er hatte schnell wieder großen Appetit und ist jetzt bereit für die Auswilderung“, sagt Thorsten Kestner. An diesem Wochenende will er seinen uhungewöhnlichen Gast wieder frei lassen. „Er hat jetzt eine Woche Hotel mit Vollpension genossen, das muss reichen.“ Er soll wieder ins Lottental gebracht werden. Aber nicht zurück in den Kamin.