Bochum. Der Vorschlag von SPD-Landeschefin Hannelore Kraft, gehandicapten Langzeitarbeitslosen eine gemeinwohl-orientierte Beschäftigung zu verschaffen, etwa Straßen säubern, hat auch in Bochum eine gewisse Irritation ausgelöst
„Ich find's ein bißchen dämlich”, sagte Ewald Groth, der Bochumer Landtagsabgeordnete der WAZ gegenüber zu dem Kraft-Vorstoß. „Das ist supertrivial”, setzt Groth noch einen drauf. Was er kritisiert, ist überhaupt nicht das, was die SPD-Politikerin vorschlägt, da sei man sich im Grunde lange einig. Was der Grüne bemängelt und als „populistisch” bezeichnet, ist, dass Hannelore Kraft nur auf Westerwelle „aufsetzt”. Groth: „Sie ist auf einen Zug aufgesprungen. Aber der fährt dahin, wohin alle sowieso hinwollen.”
Und ein bißchen dämlich sei der Vorschlag, „weil viele die Straße nicht mehr fegen können”. Groth verdeutlicht: „Man muss die Stellen haben, das Geld und die Leute müssen es auch können.” Außerdem dem dürfe man durch derartige Beschäftigungen anderen nicht den Arbeitsplatz wegnehmen: „Wir dürfen nicht den ersten Arbeitsmarkt zerstören.”
Groth bestätigt die Zahl von 70 000 Langzeitarbeitslosen in NRW, die längst schon vergleichbare Jobs machen.
Auch Gabi Schäfer (SPD) sieht wenig Neues
In Bochum kann Erste Bürgermeisterin Gabi Schäfer (SPD) nichts Überraschendes im Vorschlag ihrer Landesvorsitzenden erkennen. „Das”, sagte sie offen zur WAZ, „sind ja im Grunde die Ein-Euro-Jobs. Das findet in der Praxis schon Anwendung. Sie (Kraft) hat beschrieben, was längst existent ist.”
Zutreffend weist die Bürgermeisterin auf vielfältige Anstrengungen der Stadtverwaltung in dieser Hinsicht hin.
So hatte im Jahr 2006 die Stadt mit Unterstützung der ARGE Bochum unter dem Begriff „Beschäftigungsinitiative” 182 arbeitssuchenden Männern und Frauen die Chance vermittelt, über befristete Stellen in der Entgeltvariante den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu schaffen. 39 erhielten einen Anschlussvertrag. Im Jahr 2007 wurden weitere 100 befristete Jobs angeboten, die in der VHS, im Planetarium und im Stadtarchiv geschaffen wurden. Im selben Jahr lud Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz Vertreter, der ARGE, des DGB, der Kreishandwerkerschaft, der IHK sowie städtischer Tochterunternehmen zu einer „Impulskonferenz” ein, um mehr der nachgefragten Stellen zu schaffen.
Es gibt drei Stellenvarianten für Langzeitarbeitslose
Was aktuell mit Bochumer Langzeitarbeitslosen geschieht, weiß Udo Glantschnig. Der Mann ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Bochumer Arbeitsagentur. Es gehe um Menschen mit „multiplen Hemmnissen”, erläutert er: meist älter, ungelernt, mit gesundheitlichen Problemen.
Im Prinzip gebe es zwei Stellenvarianten: Einmal die, die als 1-Euro-Jobs bekannt sind und wo eine „Mehraufwandsentscheidung” gezahlt wird. Zur Zeit werden 1 049 Bochumer Langzeitarbeitslose damit beschäftigt. Andere Langzeitarbeitslose, zur Zeit in Bochum 149, habe eine befristete sozialversicherungspflichtige Stelle gegen Entgelt.
Hinzugekommen sind noch die „In Jobperspektive”. Hier fanden in Bochum 454 Langzeitarbeitslose einen Job, der deutlich länger als die bisherigen Befristungen dauern kann. Nach 12 Monaten wird geprüft, ob weiter Förderung nötig ist oder „er fit ist für den Markt”. Es gehe Hannelore Kraft wohl um langfristige und versicherungspflichtige Tätigkeiten, nimmt der Arbeitsagenturchef an.