Bochum. Weil er an eine Bochumer Rotlicht- und Disko-Größe (33) ein brisantes Polizeigeheimnis verraten hatte, wurde am Freitag ein 36-jähriger Polizeikommissar zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Amtsgerichtsdirektor Friedrich Meyer sagte zu dem Angeklagten wegen seiner Durchstecherei: „Sie haben nachhaltig das Ansehen und das Vertrauen in die Integrität der Polizei geschädigt.”
9-mm-Patrone an den Oberstaatsanwalt geschickt
Hintergrund ist ein Drohbrief an einen Bochumer Oberstaatsanwalt. Am 12. November schrieb ihm ein Anonymus: „Lass meine Brüder... in Ruhe, sonst bringe ich dich und deine Familie um.” Dem Schreiben lag eine 9-mm-Patrone bei.” Das ist Mafia-Sprache. Der Bedrohte hatte gegen eine der in dem Brief genannten Personen mehrfach ermittelt. Wobei mit "Brüder" nicht leibliche, sondern Brüder im Geiste gemeint waren, was den Kreis der Verdächtigen deutlich erweiterte.
Die Polizeiführung beriet sofort über die Tätersuche und Schutzmaßnahmen. An der Sitzung nahm auch der 36-jährige Kommissar teil. Wenige Tage später traf er zufällig im Bermuda-Dreieck eine Rotlicht- und Disko-Größe (33), ein kräftiger Mann, der wegen Gewalt und Verstoßes gegen Waffengesetze massiv vorbestraft ist. Man kannte sich seit langem und duzte sich, sogar mit Nennung des Vornamens.
"Ach du Scheiße: Jetzt habe ich ein Problem"
Der 33-Jährige hatte sogar die Telefon-Nummer des Polizisten im Handy gespeichert. Der Polizist wusste genau, dass die Polizei den Mann verdächtigte, mit dem Drohbrief etwas zu tun zu haben. Als er ihn dann in dem Lokal sah, sprach er ihn flapsig an: „Na, Staatsanwalt-Bedroher!” Was er denn da für einen Mist baue, so einen Drohbrief an einen Oberstaatsanwalt zu schreiben. Der 33-Jährige zeigte sich aber erstaunt, denn er wusste von gar nichts. Der Rotlicht-Chef rief sofort seinen Anwalt an - und kehrte dann zu dem Polizisten im Lokal zurück. Dieser erzählte ihm dann auf Nachfrage weiteres über den Fall.
Als der 33-Jährige einige Tage später von der Polizei dann auch wirklich vorgeladen wurde (ohne Nennung des Grundes), wusste er bereits, worum es ging. Und benannte seinen Informanten, den Polizisten. Als dieser davon erfuhr, dachte er, wie er jetzt einräumte: „Ach du Scheiße! Jetzt habe ich ein Problem.”
Vor Gericht wollte er aber Freispruch. Er habe damals nicht geahnt, dass der 33-Jährige von dem Drohbrief und dass er deshalb verdächtigt wird, nichts wusste. „Ich habe nie das Gefühl gehabt, etwas zu verraten.” Er räumte aber ein: „Ich habe mich nicht mit Ruhm bekleckert. Ich habe einen Fehler gemacht.”
"Der Amtspflicht enthoben"
Der Angeklagte aus dem Wach- und Wechseldienst ist mittlerweile „der Amtspflicht enthoben”. Gegen das Urteil wird er wohl in Berufung gehen. Ihm drohen auch dienstrechtliche Sanktionen. Seit 16 Jahren ist er bei der Polizei.
Wer übrigens den Drohbrief in Wahrheit verfasst hat, ist bis heute unbekannt.