In der Stadt beteiligen sich die Parteien intensiv an der Debatte über die Konsequenzen aus dem jüngsten Verfassungsgerichtsurteil

„Die tägliche Arbeit mit und für unsere Kunden ist davon nicht berührt und hat für uns auch weiterhin absoluten Vorrang”, wertet Martina Fischer, Bochumer Arge-Geschäftsführerin die aktuelle Diskussion um eine Neuorganisation. Zudem wertet Fischer die bisherige Arbeit in den vergangenen fünf Jahren in dieser Organisationsform durchweg als positiv: „Wir haben sehr gute Arbeit geleistet.” Wie berichtet, wird in Berlin eine Grundgesetzänderung in Erwägung gezogen, um die vielfach kritisierte Mischverwaltung aus Stadt und Arbeitsagentur zu legalisieren. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Frist bis Ende des Jahres gesetzt.

Anton Hillebrand, Jurist bei der Sozialberatung Ruhr, wertet die jüngste Entwicklung naturgemäß ein wenig anders. „Wir sehen, dass eine Stadt wie Mülheim an der Ruhr, die als sogenannte Optionskommune, die komplette Abwicklung übernimmt, erfolgreich arbeitet.” Schließlich sei die Stadt für alle Bürger da, „nicht nur für die Reichen”. Er könne sich vorstellen, dass eine Stadt wie Bochum sich in diesem Punkt noch umorientieren könne.

Bürgermeisterin Gaby Schäfer (SPD), Vorsitzende der Bochumer Arge-Trägerversammlung, begrüßt die Öffnung zu einer möglichen Verfassungsänderung. „Der Weg für die erforderliche Änderung der Verfassung ist frei.” Die Leistungen für die Kunden der Arge würden somit auch künftig aus einer Hand kommen.

Die FDP möchte eine Ausweitung der Option auf alle Kommunen, die die alleinige Betreuung der ALG-2-Bezieher übernehmen möchten. Auf der anderen Seite müssten allerdings die Argen der Städte, die alles beim Alten belassen möchten, abgesichert werden. Fraktionsvorsitzender im Rat, Felix Haltt. „Wir bevorzugen kommunale Jobcenter, die alle Arbeitslosen vermitteln, beraten und betreuen.”

Was das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz-IV-Sätzen angeht, positioniert sich der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dr. Hans Hanke. „Hier sollte die Bundesregierung Sätze entwickeln, die sich am tatsächlichen eigenen Bedarf von Kindern und Jugendlichen orientieren.” Von Armut betroffen seien auch Kinder, deren Eltern im Niedriglohnsektor arbeiteten.

Die Sozialpolitikerin der Bochumer Grünen, Astrid Platzmann, sieht die grüne Kritik an den Hartz-IV-Sätzen bestätigt. „Das Gericht hat festgestellt, dass die Regelleistungen kein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten.” Die Grünen hätten in der Vergangenheit die willkürlich gezahlten Leistungen kritisiert. Jetzt gehe es darum, eine realitätsgerechte Bedarfsermittlung vorzunehmen, nur so könne verhindert werden, dass die Kinder von alleinerziehenden Müttern oder Langzeitarbeitslosen benachteiligt werden.

Sofortige Konsequenzen aus dem BVG-Urteil fordert die Soziale Liste im Rat der Stadt. Als Konsequenz müssten sofort wieder Zusatzleistungen für besondere Lebenslagen und außergewöhnliche Belastungen eingeführt werden, um zu Regelungen zurückzukehren, wie sie bei der Sozialhilfe bestanden.

Indes sieht Arge-Geschäftsführerin Fischer in dem Urteil zunächst keine Konsequenzen: „Für unsere Arbeit ändert das Urteil erstmal nichts.”