Bochum. Ein Handbuch mit Marketingvorschlägen zur Bochumer Selbstdarstellung rund um die Kulturhauptstadt 2010 liegt der Stadt seit über einem Jahr vor – genutzt wurde es nicht.

Ein Jahr lang wird die Metropole Ruhr ab Januar 2010 im Mittelpunkt des Interesses stehen – die Kulturhauptstadt ruft. Es sind noch genau drei Monate bis zum Start, was manchen schon mal auf den Gedanken bringt, sich für das ein oder andere (mögliche) Highlight/Event zu interessieren. Wie bereits berichtet, ist das schwieriger, als man annimmt. Die Informationen rund um die Ruhr 2010 sind spärlich und man muss sie sich bisweilen an vielen Stellen zusammensuchen – auf der Homepage der Stadt Bochum, auf der Webseite der Ruhr 2010 auf den kommunalen Marketing-Annoncierungen zwischen Moers und Unna.

Was Bochum angeht, ist die Nachrichtenlage ärmlich. http://www.bochum.de/ bringt lediglich einen Absichtskatalog, kaum weiterführende Infos. Auch im Stadtbild weist nichts auf das kommende Ereignis hin, keine Fahnen, keine Werbebanden, keine Flyer oder mal ein Großplakat.

Keine Plakate

„Man könnte denken, die Stadt hat die strategische Herausforderung und das Vermarktungspotenzial, das in der Kulturhauptstadt steckt, überhaupt nicht erkannt”, so ein Bochumer Werbe-Experte, der ungenannt bleiben will.

Wie könnte sich die Stadt aber einbringen? Vielleicht wie in der Nachbarstadt: Deren Kampagne „Kultur verbindet Essen” bietet Unternehmen und Institutionen viele Möglichkeiten, die Kulturhauptstadt für sich zu nutzen und nach vorn zu bringen: Werbemittel, Schaufenstergestaltung, Newsletter, Stadtführungen, Sponsoring-Angebote, Logo-Nutzung usw. Sogar Kulturhauptstadt-Workshops sind im Angebot.

Aus Bochum ist solches nicht bekannt.

Und könnte es doch sein. Nach WAZ-Informationen hat Bochum Markering bereits im vorletzten Sommer eine Broschüre vorgelegt, die beschreibt, wie eine breite, abwechslungsreiche 2010-Kampagne speziell auf Bochum zugeschnitten werden könnte. In den Unterlagen, die der WAZ vorliegen, sind detaillierte Aussagen etwa zu Publikationen, Merchandising, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Service und Beratung, Messeauftritte etc. pp. aufgelistet. Auch Kosten werden genannt: 800 000 Euro hätte die vorgeschlagene Kampagne gekostet, nicht wirklich viel Geld für solch' ein imageträchtiges Projekt, dazu teilfinanziert aus vorhandenen Mitteln, etwa den Geldern, die bei der gefloppten „Bochum macht jung”-Aktion stehen geblieben waren. Wenn das sog. „Maßnahmenhandbuch” denn beschlossen, ja überhaupt wahrgenommen worden wäre. Im Juni 2008 (!) - also vor mehr als einem Jahr - wurde es nicht nur dem Kulturausschuss, sondern auch der Oberbürgermeisterin und dem SPD-Fraktionsvorstand vorgelegt – die Marketing-Geschäftsführung wartet bis heute auf Antwort.

Das Schweigen aus dem Rathaus

verwundert aber insofern nicht, als dass die Kulturhauptstadt hierzulande von vornherein nicht als Chefsache behandelt worden ist. Weder hat die Oberbürgermeisterin sich zur „Mrs. Kulturhauptstadt” aufgeschwungen und das Thema zu ihrer ureigenen Sache gemacht (wie ihre Mülheimer Amtskollegin Mühlenfeld), noch wäre der Kulturdezernent – ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger – in dieser Angelegenheit sichtbar. Immerhin wurde im Rathaus eine 2010-Stabsstelle installiert: mit vier Mitarbeitern/Sachbearbeitern aus der Kulturverwaltung, nicht aus der Öffentlichkeitsarbeit.