Bochum. Um ein historisches Gebäude vor dem Verfall zu retten, ändert die Stadt Bochum ihre Strategie. Diese löst vor Ort allerdings keine Euphorie aus.
In Sachen Bahnhof Dahlhausen nimmt die Stadt Bochum einen plötzlichen Kurswechsel vor. Seit Jahren versucht die Verwaltung, das historische Gebäude im Bochumer Südwesten bespielt zu bekommen. Doch die Suche nach einem Investor blieb erfolglos. Nun wurde im Rathaus umgedacht: Die Stadt will den Bahnhof jetzt selbst sanieren und mit Leben füllen.
„Sind gescheitert“: Stadt hat neuen Plan für historischen Bahnhof in Bochum-Dahlhausen
Die Nachricht hatte auch die Bezirksvertretung Bochum-Südwest überrascht. Auf der Tagesordnung der jüngsten Sitzung stand lediglich die Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der Grünen zum aktuellen Stand beim Versuch, den Bahnhof zu vermarkten. Darin heißt es, dass die Verwaltung wegen der aktuell mauen Situation auf dem Immobilienmarkt auf ein weiteres Vermarktungsverfahren verzichtet und stattdessen darauf hofft, dass sich Interessenten einfach so melden.
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Doch dieser Sachstand war mit dem Bericht von Ingbert Ridder, Leiter des Liegenschaftsamtes der Stadt Bochum, in der Sitzung bereits überholt. Außergewöhnlich offen zieht er darin Bilanz: „Bislang sollte der Bahnhof ja unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vermarktet werden. Aber damit sind wir sang- und klanglos gescheitert.“ Von daher sei es vielleicht einfacher, wenn die Stadt selbst saniert. „Dann können auch soziale Nutzungen eine größere Rolle spielen. Wir wollen jetzt nicht noch ein Verfahren starten und Jahre warten.“
Jahre sind derweil auch genug verstrichen, ohne dass sich im Bahnhof etwas getan hätte. Das mache sich auch an der Gebäudesubstanz bemerkbar, so Ridder. „Die ist in letzten zwei Jahren nicht besser geworden, es gibt Feuchtigkeit im Keller und im Dach. Das ist ein Fass ohne Boden, da herrscht dringender Handlungsbedarf.“
Finanzielle Voraussetzungen für die Sanierung seien schon geschaffen worden, sagt Ridder. Dass die Stadt bemüht ist, den Bahnhof zu erhalten, verwundert nicht. Im Frühjahr 2020 hatte man das alte Gebäude wieder komplett in Besitz genommen. Zuvor war die Stadt lediglich zu einem Drittel Eigentümer, was das Unternehmen „Wiederbelebung“ sehr schwierig machte.
Einfacher wurde es dann aber auch nicht in der Zeit danach. „Wenn wir Privateigentümer wären, würden wir zehn Jahre warten...“, lässt Ingbert Ridder unausgesprochen, was dann folgen würde: Abriss und Neubau.
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Doch so weit soll es nicht kommen. „Jetzt muss die Stadt selber ran und den weiteren Verfall stoppen“, sagt Ridder. Da viele Interessenten angesichts der zu erwartenden Instandsetzungskosten abgewunken hätten, werde man nun in Eigenregie sanieren. Was die künftige Nutzung des Bahnhofsgebäudes angeht, sei man weiterhin offen. „Man kann sich ganz viel wünschen.“
Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) zeigt sich überrascht von der Entwicklung und alles andere als euphorisch. Es sei schön und beruhigend, dass die Stadt keinen Schaden am Bahnhofsgebäude entstehen lassen will. Aber Ridders Bitte um Vorschläge für eine Nutzung der Immobilie habe ihn doch verwundert. „Wir hatten doch alles schon mal geprüft. Hat nicht funktioniert.“
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Gräf fragt, was für Ideen dabei herumkommen sollen. „Wir sind da ja schon lang genug mit beschäftigt. Bislang war alles nicht finanzierbar. Wir hätten das doch sonst schon realisiert.“ Innerhalb der Bezirksvertretung Südwest habe man sich nun geeinigt, sich noch einmal gemeinsam Gedanken zu machen. „In drei Wochen kommt unser Bezirksältestenrat zusammen, dann wollen wir das weitere Vorgehen besprechen. Wichtig ist uns, dass die Bezirksvertretung weiter engmaschig beteiligt wird.“
Seit 1990 unter Denkmalschutz
Das historische Bahnhofsgebäude in Dahlhausen wurde von der Königlich-Preußischen Eisenbahnverwaltung in zeittypischer, zweieinhalbgeschossiger Massivbauweise im Jahr 1917 errichtet. Das teilunterkellerte Gebäude besteht aus drei Gebäudetrakten, in der Mitte liegt die ehemalige Bahnhofshalle. 1990 wurde es unter Denkmalschutz gestellt.
Ganz ungenutzt ist der Bahnhof nicht. „Die Tafel ist drin und sollt es nach Möglichkeit auch bleiben“, findet Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD). Auch die Dahlhauser Nachbarschaftsinitiative nutze das Gebäude als Ausweichmöglichkeit, wenn die eigenen Räume nicht reichten. „Und auch der Weihnachtsmarkt hat die Halle schon mit Leben gefüllt.“