Bochum. Der Förderturm des Bergbaumuseums ist weiß eingepackt, der Anblick erinnert an Christo-Kunst. Exklusive Einblicke in eine besondere Baustelle.
Draußen regnet es, aber auf dem Gerüst vor dem Förderturm des Bergbaumuseums wird Bauleiter Dirk Schmitz (52) nicht nass. Eine riesige Plane schützt nicht nur ihn, sondern umhüllt das gesamte Bochumer Wahrzeichen. „Hier sind wir im Tanzsaal“, sagt Schmitz in 18 Metern Höhe. Über ihm Gerüstteile, neben ihm und unter ihm auch. 77.000 Bauteile wurden hier von 60 Lkw angeliefert und anschließend verbaut.
Der Förderturm soll wieder auf Vordermann gebracht werden, Wind und Wetter greifen den Stahl an, die Farbe ist in den vergangenen Jahren etwas verblasst, und auch Schmutz hat sich auf den grünen Träger abgesetzt. Alle 25 Jahre müsse das gemacht werden, erklärt Sebastian Pewny, der Pressesprecher des Museums. Zuletzt fand eine solche Sanierung 1999 statt, es wird also wieder Zeit.
Das Baugerüst ist 100 Tonnen schwerer als der Förderturm selbst
Bevor die eigentlichen Arbeiten beginnen können, mussten Schmitz und seine 13 Kollegen erstmal das Baugerüst errichten, das den Malern später erlaubt, an jede Ecke des Gebäudes zu kommen. Drei Monate hat das gedauert, in Zehn-Stunden-Schichten an sechs Tagen der Woche. Nur sonntags war frei.
Das Grundgerüst hat ein Autokran aufgestellt, die Feinarbeiten mussten dann aber mit dem Aufzug in bis zu 74 Metern Höhe erledigt werden. Damit ist das Gerüst nochmal etwa vier Meter höher als der eigentliche Förderturm und mit 760 Tonnen Gewicht auch rund 100 Tonnen schwerer.
Die Besucherinnen und Besucher des Bergbaumuseums müssen während der Sanierung mit Einschränkungen rechnen. Jederzeit könnte der Aufzug für den Trip unter Tage gesperrt werden, eine barrierefreie Besichtigung kann seit dem 17. April deshalb nicht mehr gewährleistet werden und auch die Fahrt auf den Förderturm ist nicht möglich. Auf die Besucherzahlen hat sich das laut Pewny bisher aber noch nicht ausgewirkt. „Wir hatten den besten Jahresstart seit sieben Jahren“, sagt er.
Bochums Wahrzeichen, weiß verhüllt: Christo-Vergleiche liegen nah
Für Dirk Schmitz ist die Baustelle eine besondere, erst ein paar Mal in seinen 30 Berufsjahren hatte er vergleichbare Projekte. Als der Auftrag hereinkam „ging die Pumpe dermaßen schnell“ sagt der Dinslakener, der das Museum von Besuchen mit seinen vier Kindern kennt. Wochenlang habe er sich auf die Aufgabe vorbereitet und sich Gedanken zum Ablauf gemacht. Zunächst wurde ein 3D-Modell erstellt und dann der Materialaufwand berechnet. „Wenn hier am Ende etwas übrig wäre, wäre irgendwas falsch“, sagt Schmitz. Bisher ist das nicht der Fall. Ende April soll das Gerüst übergeben werden.
Bis dahin sind noch einige kosmetische Arbeiten zu machen, ein paar Tauben wohnen derzeit unter der Plane, Schmitz fängt sie und bringt sie nach draußen. Neue Untermieter sollten indes nicht mehr hereinkommen, weil die Plane vollständig verschlossen ist, die einzelnen 34 Etagen erreicht man durch Plastik-Türen mit Reißverschluss. An die Vergleiche zu Verhüllungskünstler Christo hat sich Dirk Schmitz längst gewöhnt.
Förderturm des Bergbaumuseums wird saniert: Darum gibt es die Plane
Wenn die Gerüstbauer weg sind, soll die alte Farbe des Förderturms abkommen, dann werden Arbeiten am Stahl durchgeführt und zwei Lagen Korrosionsschutz aufgetragen. Erst dann wird der Förderturm erneut in „Germania-Grün“ gestrichen. Genau die gleiche Farbe wie bisher. „Trotzdem könnte sie erst einmal ein wenig dunkler wirken“, vermutet Sebastian Pewny.
Die Arbeiten seien aufwändig. Große Flächen könnten zwar relativ entspannt besprüht werden, der Förderturm habe aber viele Ecken, die per Hand gestrichen werden müssen. Früher stand das Wahrzeichen in Dortmund auf der Schachtanlage Germania, 1973 kam es aus der Nachbarstadt nach Bochum.
Die 10.000 Quadratmeter große Plane aus schwer entflammbarem PVC dient dabei als Schutz, damit kein Staub und keine Farbe sich auf die Umwelt und Häuser der Umgebung legen. Schmitz und sein Team haben das Gerüst mit dem Förderturm verbunden, damit der Wind es nicht wegträgt.
Bergbaumuseum Bochum verspricht Spezialaktionen
Bislang befinde sich das Projekt „exakt“ im Zeitrahmen, sagt Pewny. Bis in den Spätsommer sollen die Arbeiten hinter der Plane andauern. Währenddessen plant das Bergbaumuseum möglicherweise Spezialaktionen, „die eine weiße große Fläche miteinbeziehen“. Was genau dahintersteckt, will Pewny im Gespräch aber nicht verraten. Zudem soll im Rahmen der Sanierung auch eine neue Lichttechnik an dem Denkmal installiert werden, „die mit den großen Wahrzeichen europäischer Großstädte“ mithalten könne.
Bis es soweit ist, dauert es aber noch bis Ende des Jahres. Dann wird Dirk Schmitz wiederkommen und das Gerüst abbauen. Am 21. Dezember sollen die letzten Stangen zum Abtransport in die Lkw geladen werden. „Aufbauen macht etwas mehr Spaß als abbauen“, sagt Schmitz. Dafür stelle sich hinterher ein Glücksgefühl ein, wenn alles reibungslos geklappt hat. Bislang sieht es danach aus.