Bochum. In den Bahnhof in Bochum-Dahlhausen soll wieder Leben einkehren. Doch niemand will ihn übernehmen. Die Stadt zieht jetzt die Konsequenzen.
Seit vielen Jahren steht der Bahnhof in Bochum-Dahlhausen leer. Das historische Gebäude hat durchaus Potenzial. Die Lage ist prima, nicht weit von Ruhr und Ruhrtalradweg. Und auch das Umfeld wurde in den vergangenen Jahren aufgehübscht. Nur findet sich einfach kein Pächter für die schmucke Immobilie. Nachdem jüngst wieder ein aussichtsreicher Interessent abgesprungen war, zieht die Stadt Bochum nun Konsequenzen und treibt die Suche nicht mehr aktiv voran. In der Politik ruft das gemischte Reaktionen hervor.
„Katastrophe“: Kein Pächter für historischen Bahnhof in Bochum
Die Verwaltung hatte sich auf eine Anfrage der Grünen in der Bezirksvertretung Bochum-Südwest zum aktuellen Stand in Sachen Bahnhof Dahlhausen geäußert. In der Mitteilung wird darauf hingewiesen, dass der jüngste Interessent in dem Bahnhof zwar großes Potenzial gesehen, aber zugleich auch die wirtschaftlichen Risiken hervorgehoben hatte. Gemeint ist die Montag-Stiftung, die auch die Ko-Fabrik in der Innenstadt betreibt.
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In diese Richtung sollte es auch im Bahnhof Dahlhausen gehen, jedoch sah sich die Stiftung laut Stadt nicht in der Lage, das vorgelegte Konzept auch umzusetzen. Als Gründe seien unter anderem die Baukostenentwicklung sowie die besonderen Anforderungen an das Wärme- und Energiekonzept genannt worden.
Und was nun? Aufgrund der momentanen Situation auf dem Immobilienmarkt will die Stadt auf ein erneutes Interessenbekundungs- bzw. Vermarktungsverfahren vorerst verzichten. „Stattdessen werden Einzelgespräche und Ortstermine mit Investoren durchgeführt, die sich beim Bezirksbürgermeister, der Wirtschaftsentwicklung oder der Verwaltung gemeldet haben“, heißt es aus dem Rathaus. Die Resonanz sei bisher allerdings „eher zurückhaltend“, ein kurzfristiger Abschluss mit einem nachhaltigen Konzept somit nicht in Sicht.
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Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) kann das Vorgehen der Verwaltung nachvollziehen. „Das bisherige Verfahren hat ja zu nichts geführt.“ Man habe ja versucht, den interessantesten Bewerber herauszufiltern. Das gehe aber nur, wenn der Markt entsprechend rege sei. „Und das ist er im Moment einfach nicht.“
Er selbst gehe auf jeden potenziellen Investor zu, dem er begegne, versichert Gräf. „Und dann sehe ich zu, dass ich einen Kontakt zur Verwaltung herstelle.“ Aussieben tue er nicht. „Ich leite wirklich alles weiter ins Rathaus.“ Die Zeiten, wählerisch zu sein, sind aus seiner Sicht ohnehin vorbei. Aktuell zähle Pragmatismus. Natürlich wünsche man sich den Bahnhof als Treffpunkt mit Gastronomie und sozio-kulturellen Angeboten. „Wichtig ist aber in erster Linie, dass wir Leben in den Bahnhof bekommen. Und wenn das jemand machen möchte, aber nur mit Wohnraum, dann kommt der Punkt, dass wir dankbar dafür sein müssen, wenn es auf diese Weise eine Zukunft für das Gebäude gibt.“
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Gräf ist froh, dass die Stadt nach dem Rückkauf des Bahnhofs nun in der Pflicht steht, das Gebäude in Schuss zu halten. Entsprechende Bestrebungen werden von der Verwaltung bestätigt: Man habe damit begonnen, „die zur Substanzerhaltung notwendigen, nutzungsunabhängigen Unterhaltungsmaßnahmen an Dach und Fach vorzubereiten“.
Kritisiert wird diese Bausubstanz von Andreas Bracke. „Es ist eine Katastrophe, so ein schönes Gebäude in so einem morbiden Zustand zu sehen“, schimpft der CDU-Politiker. Leben drumherum gebe es inzwischen, nur werde der Bahnhof nicht entsprechend genutzt. Dass die Stadt das Vermarktungsverfahren beendet hat, „ist nicht in unserem Interesse“. Es sei „zwingend nötig“, einen Pächter zu finden, der bei der künftigen Nutzung sowohl gastronomische als auch soziale Aspekte berücksichtigt. Die schwierige Lage auf dem Markt will Bracke als Ausrede nicht gelten lassen. „Die entspannt sich ja gerade wieder.“
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„Sehr unglücklich“ über die aktuelle Situation zeigt sich auch Monika Engel von den Grünen. Man könne sich im Bahnhof gut ein soziales Zentrum vorstellen. Stattdessen werde einem von der Verwaltung Stillstand präsentiert. „Das, was wir schon seit Jahren haben.“
Seit 2020 wieder ganz in städtischem Besitz
Seit Frühjahr 2020 befindet sich das alte Bahnhofsgebäude in Dahlhausen wieder im Besitz der Stadt Bochum. Diese war zuvor lediglich zu einem Drittel Eigentümer, was das Unternehmen „Wiederbelebung“ sehr schwierig machte.
Das historische Bahnhofsgebäude in Dahlhausen wurde von der Königlich-Preußischen Eisenbahnverwaltung in zeittypischer, zweieinhalbgeschossiger Massivbauweise im Jahr 1917 errichtet. Das teilunterkellerte Gebäude besteht aus drei Gebäudetrakten, in der Mitte liegt die ehemalige Bahnhofshalle. 1990 wurde es unter Denkmalschutz gestellt.