Bochum. Unter großem Zuschauerinteresse diskutierte die Bezirksvertretung Bochum-Mitte die umstrittene Sperrung der Hordeler Straße auf der Stadtgrenze Bochum/Herne-Eickel. Entschieden wurde allerdings nichts. Zunächst will die Stadt Bochum das Ergebnis einer Verkehrszählung abwarten.
Bürgernahe Politik machen zu wollen, das würde wohl jeder Bochumer Politiker auf seine Fahnen schreiben. Gestern, auf der 4. Sitzung der Bezirksvertretung Mitte, hatten die Volksvertreter dazu ganz praktisch Gelegenheit: Wohl 70 Zuhörer drängten sich im Kleinen Sitzungssaal des Rathauses. Woher das interessierte „Volk” kam, war klar: aus Hofstede.
Was die Leute wollten, auch: Beim Tagesordnungspunkt 1.2 live dabei sein. Es ging um die Abbindung der Hordeler Straße, um die Durchfahrtsperre am Kreisverkehr direkt auf der Stadtgrenze Bochum/Herne.
Poller und Betonsteine
Diese Sperrung ist höchst umstritten, und das nicht erst seit November 2009, als am todschicken nagelneuen Kreisverkehr „über Nacht” Poller und Betonsteine auftauchten, die die zuvor stark befahrene Hordeler Straße zur Sackgasse machten. Das freut einen Teil der dortigen Anwohner, die seit 20 Jahren für mehr Ruhe und mehr Sicherheit auf der beliebten Durchfahrtsstraße kämpfen. Und das ärgert einen anderen Teil, der aufs Recht der freien Fahrt für freie Bürger drängt.
Seit das Gatter in Hofstede steht, ist (nicht nur) dort nichts mehr, wie es war: Proteste, gegenseitige Anfeindungen, Ortsbegehungen der Politik, rabiate Autofahrer, die die Sperren ignorieren und sogar den angrenzenden Rasen durchpflügen, um nach Eickel „durchzubrechen”: Das Klima scheint so vergiftet, so dass Bezirksbürgermeister Dieter Heldt (SPD) gleich zu Beginn der Sitzung einen sachlichen Ton anmahnte, und sich gegen Polemiken wie „Grenzkrieg” oder „Handelskrieg in Hofstede” verwahrte.
Anwohner kamen zu Wort
Zunächst hatten Vertreter der beiden Anwohnergruppen Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge darzustellen. „Das unzumutbare Verkehrsaufkommen ist endlich abgeschafft, das ist ein enormer Gewinn an Lebensqualität”, meinte Dieter Mruk, der für jene sprach, die „froh und glücklich über die Sperrung sind.” „Alle Fahrten von/nach Eickel werden länger, der Verkehrsfluss hat sich auf die Dorstener/Riemker Straße verlagert und dort lange Ampel-Standzeiten hervorgebracht”, hielt Michael Kersting dagegen. Er ist Wortführer jener, die sich „mit der neuen Situation nicht anfreunden wollen”.
Über 1000 Unterschriften
Beide Seiten haben jeweils rund 500 Unterschriften für ihre Sache gesammelt – eine Art bürgerschaftliches „Patt”, die eine Hälfte für die Poller, die andere dagegen. Das mussten die Bezirkspolitiker nun auflösen, was nicht so einfach war. CDU und FDP plädierten für den Vorschlag der Bauverwaltung, die Hordeler Straße doch wieder zu öffnen, wenn auch nur in Fahrtrichtung BO – Herne. Das soll vor allem die Ampelkreuzung Dorstener/Riemker Straße entlasten. Dem wollte sich SPD und Grüne schon aus Prinzip nicht anschließen: SPD-Fraktionschef Günter Levin forderte, die Verwaltung solle bis Frühjahr eine neue „solide und ehrliche Verkehrszählung” rund um die Hordeler Straße vorlegen. Auf Basis der damit gewonnen Daten solle dann diskutiert und gegebenenfalls neu über die Absperrung entschieden werden. Mit den Stimmen der Grünen ging sein Antrag mehrheitlich durch.
Das rot-weiße Gatter auf der Hordeler Straße bleibt also. Vorerst oder für immer – auf keine Option hätte gestern einer Wetten angenommen.