Bochum. Was in anderen Städten geht, könnte ja auch in der Uni-Stadt Bochum passen: Tagsüber studieren, am Wochenende eine Straßenbahn führen. Oder?
An allen Ecken und Enden, in nahezu jeder Branche fehlt Personal. Das gilt auch für die Nahverkehrsunternehmen. Die ersten lassen bereits Studentinnen und Studenten ans Steuer ihrer Straßenbahnen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Das könnte doch eigentlich auch die Bogestra tun.
Es gibt allein etwa 40.000 Studierende an der Ruhr-Uni Bochum
Studierende gibt es schließlich genügend in Bochum, allein etwa 40.000 an der Ruhr-Uni. Etliche Tausend Studenten bestreiten Jobs, um ihr Studium zu finanzieren. Warum nicht mit dem Lenken einer Straßenbahn?
Die Verkehrs-Aktiengesellschaft (VAG) Nürnberg hat sich jedenfalls dazu entschieden. „Wir müssen neue Wege gehen, wenn wir unser Nahverkehrsangebot in Nürnberg auf dem bisherigen Niveau halten und noch weiter ausbauen wollen“, sagt Beate Haberler, die bei der VAG für den Fahrdienst verantwortlich ist. „Und das Angebot an die Studierenden erscheint uns als echte Win-Win-Situation: Die Studierenden können vor allem an Wochenenden oder abends fahren, wenn sie an den Hochschulen keine Verpflichtungen haben. Sie erwerben eine Zusatzqualifikation und dürfen sich über einen fair bezahlten Nebenjob freuen. Wir können unsere Fahrerinnen und Fahrer entlasten.“
VAG Nürnberg bildet Stierende zu Fahrern aus
Im März hat die 30-tägige Ausbildung bei der VAG begonnen. Die Teilnehmer lernen, wie es heißt, „das Bedienen von vier unterschiedlichen Fahrzeugtypen der Straßenbahn, unsere Regelwerke für den Fahrdienst, Streckenkenntnisse von sieben Linien sowie den Umgang mit Störungen und internen Funktionen, wie der Leitstelle. Und selbstverständlich steht auch Kundenservice auf dem Schulungsprogramm.“ Danach werden die Aushilfskräfte zu unterschiedlichen Zeiten im Linienbetrieb eingesetzt – bis zu 20 Stunden pro Woche.
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Ein prima Idee, sagen die Stadtgestalter im Rat der Stadt Bochum. „Straßenbahn- oder Busfahrer als Werkstudent bei der Bogestra kann für viele Studierende an den Bochumer Hochschulen ein erfüllender und auch finanziell attraktiver Nebenjob sein“, sagt der verkehrspolitische Sprecher Nikolaus Lange. „Besonders Schichten am Wochenende oder in den späten Abendstunden passen hervorragend in den Alltag vieler Studierender und entlasten so das reguläre Personal.“ Das Beispiel der VAG Nürnberg zeige, „dass eine gute, professionelle und kompakte Ausbildung eine sichere und zuverlässige Fahrgastbeförderung ermöglicht und im Sinne der Bochumer Bürger ist“.
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Indes: Das hiesige Nahverkehrsunternehmen hat Bedenken. „. Bei der Bogestra beschäftigen wir aktuell keine Studierenden auf geringfügiger Basis im Fahrdienst. Grund dafür ist, dass wir unsere Fahrerinnen und Fahrer gruppenweise in Vollzeit ausbilden“, sagt Unternehmenssprecherin Imke Franke. „Die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiten von studentischen Aushilfen sind daher nicht vereinbar mit unseren regulären Ausbildungszeiten. Für die individuelle Ausbildung einzelner Aushilfen fehlt uns leider die Kapazität.“
Mehrere Städte haben Erfahrungen mit Studierenden am Steuer gemacht
Bei anderen Unternehmen scheint dies aber durchaus zu funktionieren. Nicht nur in Nürnberg. Auch die Kölner Verkehrsbetriebe (KVG), die Verkehrsgesellschaft Frankfurt und Rhein-Neckar-Verkehr GmbH in Mannheim haben bereits Werksstudenten an die Schalthebel ihrer Straßenbahnen gelassen.
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Immerhin: Im technischen Bereich und in der Verwaltung beschäftigt auch die Bogestra Werksstudenten. „Hier empfehlen wir Studierenden, die sich für eine Stelle als Werksstudent bei uns interessieren, sich mit einer Initiativbewerbung direkt an uns zu wenden“, so die Sprecherin.