Bochum. Eine Kleingartenanlage in Bochum muss umziehen – der Boden ist verseucht. Jetzt liegt ein Zeitplan vor. Die Kleingärtner nehmen langsam Abschied.
Endlich herrscht ein bisschen mehr Klarheit. „Die letzten Jahre waren schlimm“, sagt Cordelia Thöne. Sie ist die Vorsitzende der Kleingartenanlage Thiemannshof an der Essener Straße in Bochum. Dass die Laubenpieper das Feld räumen müssen, steht schon seit einiger Zeit fest – im Boden wurden Giftstoffe festgestellt. Doch wann genau der Umzug ansteht, wusste niemand. Jetzt hat die Stadt erstmals einen Zeitplan vorgelegt. Sollte dieser eingehalten werden, gehen die Kleingärtner an der Engelsburg nun in ihre letzte ganze Saison.
Letzte Saison für Kleingärtner in Bochum: „War eine schlimme Zeit“
August 2025 – diesen Termin stellt die Stadt Bochum für ein Umsiedeln an den neuen Standort in Aussicht. Wenn baurechtlich alles klappt und bis dahin auch die neue Anlage am Herrenacker in Höntrop soweit fertig ist, dass die Pächter vom Thiemannshof direkt loslegen können. August 2025 – „das heißt, ich würde fürs nächste Jahr keine Kürbisse mehr pflanzen, die werden ja im Herbst geerntet“, sieht es Cordelia Thöne pragmatisch. „Dann nehme ich lieber Gurken, die sind eher fertig.“
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Sie und ihr Mann Ralf (67) haben sich ohnehin schon auf den bevorstehenden Abschied vorbereitet. Instandhalten ja, investieren nein. Gepflanzt wird nur noch in Blumenkübeln. Davon stehen inzwischen eine Menge in der großen Parzelle. „Die können wir ja mitnehmen, ansonsten müssen wir alle Pflanzen hierlassen“, sagt die 55-Jährige. Eben wegen des verseuchten Bodens.
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Es ist noch keine zehn Jahre her, dass eine Belastung insbesondere der oberen Erdschicht festgestellt wurde. Einen hohen Anteil von polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) wiesen Experten damals nach. In der Folge erhielten die Kleingärtner die Auflage, kein bodennahes Gemüse anzubauen und unmittelbaren Bodenkontakt zu vermeiden.
Die anfängliche Aufregung damals habe sich aber schnell gelegt. Seither lebe man mit dem Wissen, was da im Untergrund so schlummert, ganz gut, sagt Thöne. Es gebe halt Regeln: Händewaschen, die Schuhe nach der Gartenarbeit säubern. Kartoffeln pflanze sie trotzdem. „Ich schäle sie ja.“
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Schlimmer sei die lange Ungewissheit gewesen, wie es weitergeht, sagt Siegbert Steger, der im Vorstand für die Kasse zuständig ist. „Immer dieses Hin und Her, das war schon belastend. Einige hatten dann keinen Bock mehr, weil ja lange kein Datum für einen Umzug feststand, da lohne die ganze Arbeit ja nicht.“
Die meisten Pächter der Anlage sehen das aber anders. Andrzej und Barbara Waldowski zum Beispiel. Die beiden krempeln gerade ein großes Beet um, legen neue Wege. „Wir wollen es hier ja schön haben“, sagt der 69-Jährige. „Wir nutzen den Garten bis zum letzten Tag und werden es genießen.“ Ob das Ehepaar mit zum Herrenacker zieht, ist ungewiss. „Ich würde nicht mehr erleben, dass dort ein Baum Schatten spendet“, sagt Waldowski. Außerdem sei das Finanzielle noch nicht geklärt.
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Das sei das, was die Pächter derzeit am meisten umtreibe, berichtet Siegbert Steger: „Was bekomme ich von der Stadt für meinen Garten? Und was wird mich der neue kosten?“ Für einen Neuanfang komme viel zusammen, rechnet Cordelia Thöne vor: „Etwa 2000 Euro für ein Fundament mit Schalung, dazu Steine, Dach, Anschlüsse, Pflanzen...“
Sie hat das Ganze schon einmal mitgemacht, als ihre Eltern den Garten wegen des Baus der A448 räumen mussten. Von daher weiß sie, wie lange ein Kirschbaum benötigt, um so weit zu wachsen, dass er Schatten spenden kann: „15 Jahre waren das.“ Auch deshalb fällt vielen der Abschied von der Anlage neben der Bogestra nicht leicht. Siegbert Steger denkt nur ungern an den Moment, der unaufhörlich näher rückt: „Ich werde mich sehr schwertun, wenn hier Feierabend ist.“
Großes Interesse an Kleingärten
Obwohl die Kleingartenanlage Thiemannshof an der Essener Straße nicht mehr lange existieren wird, ist der Andrang auf freie Parzellen ungebrochen. „Wir verpachten immer noch neu“, sagt die Vorsitzende Cordelia Thöne. „Aktuell haben wir fünf freie Gärten. Wenn sich die Parteien einigen, sind die im Mai weg.“ Die Nachfrage sei groß, nicht nur hier an der Engelsburg. „In ganz Bochum besteht ein großer Bedarf an Kleingärten. Was u.a. auch an den enorm gestiegenen Kosten für Urlaubsreisen liegt.“
Auch für den künftigen Standort am Herrenacker stünden schon 18 Interessenten auf der Warteliste, berichtet Thöne. Neulingen raten die „alten Hasen“, tatsächlich vielleicht erstmal für die restliche Zeit in der alten Anlage zu testen, ob das Kleingärtner-Leben überhaupt etwas für sie ist. „Viele fangen stark an, lassen dann aber auch ebenso stark nach“, weiß Thöne aus Erfahrung.
Die Kleingartenanlage Thiemannshof besteht seit 1931 an der Essener Straße. Heute ist sie in 60 Parzellen unterteilt. Die Größe der einzelnen Parzellen variiert zwischen 270 und 790 Quadratmetern.
Kontakt: www.kgvthiemannshof.de .